Report: Vorbei an Einschusslöchern zum Flieger

Istanbul (dpa) - Es klafft ein Loch in der Decke der Flughafenhalle, wo normalerweise Angehörige auf ihre Liebsten warten. Stellwände schirmen die Schäden nur dürftig ab, die der verheerende Terroranschlag im Istanbuler Airport verursacht hat.

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Der Schock sitzt tief nach dem vierten schweren Anschlag seit Jahresbeginn in der Millionenstadt. Die Bilanz: Dutzende Tote und mehr als 200 Verletzte. Mindestens drei Selbstmordattentäter sprengten sich an verschiedenen Stellen in die Luft.

Die Ermittler vermuten, dass die sunnitische Extremistenorganisation Islamischer Staat dahinter steckt. Obwohl die Ermittlungen noch laufen, bemühen sich die Behörden, schnell zum Normalbetrieb zurückzukehren: Noch in der Nacht wird der Flughafen-Betrieb wieder aufgenommen. Arbeiter hämmern an der Decke, Reinigungskräfte kehren Scheibensplitter zusammen und putzen den Boden.

Auch am Eingang ist die Decke beschädigt und verrußt. Die Scheiben hinter einem Mobilfunkstand sind zersplittert. Eine Verkäuferin schüttelt den Kopf auf die Frage, ob sie zur Tatzeit am Dienstagabend gearbeitet habe. „Einer unserer Mitarbeiter ist verletzt. Es ist so schrecklich“, sagte sie mit Tränen in den Augen.

Ankommende Reisende müssen am Morgen am Explosionsort vorbeigehen - und an Einschusslöchern an der Wand. Öffnet sich die Tür, sieht man auch abgerissene Deckenteile im Duty-Free-Bereich - so heftig war die Detonation.

Dass trotz der Aufräumarbeiten noch lange nicht alles normal ist, bezeugen die blinkenden Anzeigentafeln, die über Verspätungen und Flugausfälle informieren. Noch in der Nacht fuhren Busse Touristen in Hotels. Zuvor hatten die Menschen stundenlang auf dem Rasen vor dem Haupteingang ausgeharrt.

Nun warten sie in ihren Unterkünften auf weitere Informationen. Die Deutsch-Holländerin Katja Veen ist eine von ihnen. Sie wollte eigentlich nach Johannesburg. Am Telefon erzählt sie: „Mir wurde gerade gesagt, dass mein Flug auch für heute abgesagt ist.“ Weitere Informationen habe sie nicht.

Andere verbrachten die Nacht am Flughafen. Noch immer liegen Reisende auf den harten Metallbänken. Andere sitzen auf ihren Koffern, starren vor sich hin. Der Brite Benjamin Merchant erzählt: „Ich habe auf dem Boden im Flughafengebäude geschlafen“. Er sieht eher so aus, als hätte er kein Auge zugetan. Der 21-Jährige steht nun in einer Schlange und versucht, sein Gepäck zu finden. Er sei am Dienstagabend aus London gekommen und wollte eigentlich weiter nach Dubai fliegen. „Wir sind kurz nach dem Anschlag gelandet und haben vier Stunden lang im Flugzeug auf der Landebahn gewartet.“

Als er endlich das Flugzeug verlassen durfte, sei sein Koffer nicht mit ausgeladen worden. „Hier sind keine Mitarbeiter, die einen informieren. Niemand weiß hier, was los ist“, sagt er. Er wolle sich ein Hotel organisieren und dann bis zum Abend schlafen. Sein Weiterflug nach Dubai sei auf Mittwochnacht geschoben worden.

Das Ehepaar Memioglu aus Ludwigshafen hat dagegen keine Probleme. Ihr Flug werde wie geplant nach Frankfurt abheben, erzählen sie.

Der 77-jährige Haydar und seine Frau Sewin stammen aus der Türkei und kommen regelmäßig nach Istanbul. Aber inzwischen machten sie sich immer mehr Sorgen. „Zurzeit ist ja das ganze Land in Unruhe. Es passiert immer wieder etwas in Istanbul oder in Ankara. Das ist furchtbar.“