Belustigung und Empörung Schwedens Antwort an Trump: Was Freitag wirklich geschah
Stockholm (dpa) — Wenn wir an Schweden denken, denken wir an Idylle, bunte Holzhäuser oder Ikea. Nicht so US-Präsident Donald Trump. Für ihn ist Schweden ein Beispiel für eine missglückte Einwanderungspolitik.
In einem Fernsehbeitrag hat er gesehen, dass die Kriminalität angestiegen ist, seit Hunderttausende Flüchtlinge in das skandinavische Land geströmt sind. Und so warnt der sonst so medienkritische Präsident seine Landsleute am Samstag in einer Wahlkampfrede in Florida: „Schaut Euch an, was gestern Abend in Schweden passiert ist! Sie haben eine große Anzahl aufgenommen, und nun haben sie Probleme, die sie nicht für möglich hielten.“
Dass er anschließend die Städte Brüssel, Paris und Nizza aufzählt, die Ziele von terroristischen Anschlägen wurden, sorgt für große Verwirrung. Meint Trump, dass am Freitag, ein Terrorattentat in Schweden verübt wurde? Die Schweden sind gleichermaßen entrüstet wie belustigt. „Schweden? Terrorangriff? Was hat er geraucht?“, wundert sich der ehemalige Außenminister des Landes, Carl Bildt, auf Twitter und freut sich am Montag über 35 000 Likes. Den letzte Anschlag mit einem terroristischen Motiv gab es 2010 in Stockholm. Ein Schwede sprengte sich aus Protest gegen die Irak-Politik seines Landes in die Luft und starb. Niemand sonst wurde verletzt.
Schweden als abschreckendes Beispiel für Zuwanderung? Dafür wollen die Landsleute von Alfred Nobel, Astrid Lindgren und Zlatan Ibrahimović nicht herhalten. Laut Statistik ist die Anzahl der kriminellen Taten 2016 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Die Nationalität der Täter wird in der Statistik nicht erfasst. Lediglich woher Täter kamen, die in Untersuchungshaft saßen. Die neuesten Zahlen sind von 2015, da hatten 30 Prozent der Inhaftierten einen Migrationshintergrund. Schweden hat im Jahr 2015 rund 160 000 und im vergangenen Jahr etwa 30 000 Flüchtlinge aufgenommen.
Die Zeitung „Aftonbladet“ listet auf, was am Freitagabend wirklich passiert ist: Der 87 Jahre alte Sänger Owe Thörnquist hatte technische Probleme bei Proben für den Vorentscheid zum Eurovision-Song-Contest. Im Norden Schwedens wurde eine Sturmwarnung ausgegeben. Unspektakulärer geht es kaum.
Im Netz aber wird die Trump-Attacke für viele zur Inspirationsquelle: Unter dem Hashtag #LastNightInSweden tauschen sich Twitternutzer darüber aus, was am Freitag in Schweden alles passierte: „++ Breaking ++ Schweden: kleines rothaariges Mädchen stemmt ihr Pferd“ (in Anspielung auf Pippi Langstrumpf), „Ein Bauernpaar in Småland hat seinen Sohn in den Schuppen gesperrt, weil er seine Schwester an einem Fahnenmast aufhängte“ (Michel aus Lönneberga), „Ikea-Schrank falsch aufgebaut“.
Viele amüsieren sich darüber, dass Donald Trumps Angriff zum Eigentor wurde. Denn die Reportage, aus der er seine Informationen über Schweden bezieht, enthält jede Menge falscher Fakten. Der schwedische Botschafter in den USA hat die Trump-Regierung deshalb zu einem Informationsgespräch über die schwedische Einwanderungs- und Integrationspolitik eingeladen. Doch offenbar ohne die Rückendeckung seiner Außenministerin. Margot Wallström teilte am Montag nur sehr allgemein mit: „Das Außenministerium und die Botschaften arbeiten kontinuierlich daran, ein korrektes Bild von Schweden zu vermitteln. Wir sehen leider die Tendenz, dass sich falsche Informationen häufen.“
Oppositionspolitiker äußerten sich am Montag besorgter über den Ruf Schwedens. Trumps Beschreibung der Wirklichkeit sei auch in der Heimat schädlich, meint Pernilla Stålhammar von den Grünen. Dem „Aftonbladet“ sagte sie: „Trump bedient sich einer gefährlichen Rhetorik, um die Unruhe anzuheizen und Unterstützung für seine Anti-Einwanderungspolitik zu bekommen.“ Man dürfe nicht zulassen, dass Unwahrheiten wahr würden, wenn man sie nur oft genug wiederholte.