Hurrikan in der Karibik Stunde null nach „Irma“
Havanna (dpa) - Cayería Norte ist eines der traumhaftesten Urlaubsziele in Kuba: türkisfarbenes Wasser, weiße Sandstrände. Nun sind die Luxushotels verwaist - sie wurden evakuiert.
Umgeknickte Palmen, abgedeckte Häuserdächer und starke Überschwemmungen prägen in der Region die Szenerie, nachdem „Irma“ mit Geschwindigkeiten von rund 250 Stundenkilometern auch in Teilen Kubas gewütet hat.
Am berühmten Malecón in Havanna sind zahlreiche Gebäude an der Uferpromenade verbarrikadiert worden, es wurden Wellen von bis zu neun Metern erwartet. Der Katastrophenschutz ist Hurrikan-erprobt. Doch auch auf der kommunistischen Insel sind die Schäden groß, ganze Landstriche sind überschwemmt. Es wird lange dauern, bis die verheerenden Schäden durch „Irma“ in der Karibik beseitigt sind.
Mindestens 24 Menschen starben bisher durch den stärksten je gemessenen Hurrikan über dem Atlantik, mehrere Inseln stehen vor der „Stunde null“. Eine der wenigen positiven Nachrichten ist, dass das bettelarme, gegen diese Katastrophen nicht gewappnete Haiti dieses Mal nicht heimgesucht worden ist. Sonst wäre die Opferzahl weit höher. Luftbilder zeigen riesige Überschwemmungen, gerade auf der besonders stark getroffen Insel Barbuda, die zum Mini-Staat Antigua und Barbuda gehört. Aber auch die zwischen den Niederlanden und Frankreich geteilte Insel Sint Marten und Saint-Martin hat es besonders schwer erwischt, zwischen 70 und 95 Prozent der Gebäude und Infrastruktur seien zerstört worden, erklären die Behörden.
Barbuda habe anteilig die größten Schäden erlitten, sagt James Daniell vom Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Gesamtschäden in der Karibik könnten sich auf zehn Milliarden US-Dollar belaufen - und der wichtige Devisenbringer, der Tourismus, droht monatelang auszufallen. „In den vergangenen hundert Jahren haben die wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen pro Jahr - absolut gesehen - zugenommen“, so Daniell, der ein Modell zur Berechnung von Schäden durch Naturkatastrophen entwickelt hat.
Sorgen bereiten zudem Berichte über anarchische Zustände in Sint Maarten/Saint Martin, in beiden Inselteilen sollen Plünderer unterwegs sein. Es gebe Prügeleien um Fernseher oder Ventilatoren, berichtete eine Bewohnerin von Saint Martin. „Ich sehe auf der Straße junge Menschen mit Macheten.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte am Samstag eine Verdoppelung der Militär- und Polizeikräfte an, „um die Sicherheit schnell zu stärken“.
So sollen unter anderem 240 zusätzliche Polizisten in die französischen Überseegebiete geschickt werden. Zu allem Übel ist schon der nächste Hurrikan „José“ im Anmarsch. Daher gilt es, rasche Hilfe zu organisieren. Kurz vor der Schließung des Flughafens Miami im US-Bundesstaat Florida startete noch ein Flugzeug mit 55 Tonnen an Hilfslieferungen für die Menschen auf Barbuda, darunter Sperrholz, Nägel, Taschenlampen, Babybetten, Planen und Dosennahrung, wie der „Antigua Observer“ berichtete.
Längst hat die Debatte eingesetzt, warum es zu so zerstörerischen Hurrikans kommt. Die Umweltorganisation Germanwatch spricht von einem „Weckruf für entschiedene Klimapolitik“. Eine ganz besondere These vertritt Boliviens Präsident Evo Morales. Der Sozialist gibt dem Kapitalismus und insbesondere den Treibhausgasausstößen der USA die Schuld. „Die Zerstörungen durch die Hurrikans werden verursacht durch die Luftverschmutzungen des Kapitalismus“, meint Morales.