Sturm „Sandy“ verändert New Yorks Gesicht
New York (dpa) - New York kann so leicht nichts erschüttern, aber „Sandy“ hat es geschafft. Der Wirbelsturm trifft die Stadt ins Herz. Als er vorbei ist, stehen Teile der Metropole unter Wasser. Die New Yorker reagieren auf ihre Weise: Weitermachen!
New York (dpa) - New York kann so leicht nichts erschüttern, aber „Sandy“ hat es geschafft. Der Wirbelsturm trifft die Stadt ins Herz. Als er vorbei ist, stehen Teile der Metropole unter Wasser. Die New Yorker reagieren auf ihre Weise: Weitermachen!
New York ist von einem der folgenschwersten Stürme der vergangenen Jahrzehnte heimgesucht worden. In der Ostküsten-Metropole starben nach offiziellen Angaben mindestens zehn Menschen beim Durchzug von „Sandy“. Rund 400 000 Menschen hatten ihre Häuser verlassen müssen, fast doppelt so viele waren ohne Strom. „Das war ein zerstörerischer Sturm. Vielleicht der schlimmste, den wir je hatten“, sagte Bürgermeister Michael Bloomberg am Dienstag, nachdem das Unwetter weitergezogen war. „Das Gesicht unserer Stadt ist verändert.“ Gouverneur Andre Cuomo sagte, er habe in Manhattan „einige der schlimmsten Zustände jemals“ gesehen.
Sobald der Sturm in der Nacht zum Dienstag vorbeigezogen war, machten sich tausende Helfer ans Aufräumen. Überall kehrten Menschen Blätter und Äste zusammen. Zahlreiche Geschäfte und Restaurants öffneten ihre Türen wieder und waren schnell voller Menschen. Erste Busse sollten schon am Dienstagnachmittag wieder fahren. Einige Brücken sollten wieder geöffnet werden.
„Unsere erste Priorität war es, Leben zu retten“, sagte Bloomberg. Deshalb seien auch im Vorfeld große Evakuierungen angeordnet worden. Selbst Krankenhäuser, in denen die Notstrom-Generatoren ausgefallen waren, hätten geräumt werden müssen, das habe aber alles geklappt. Mindestens 750 000 Menschen seien jetzt ohne Strom, viele auch ohne Heizung. Insgesamt waren es in den USA etwa zehnmal so viele.
An der Südspitze Manhattans stieg das Wasser zwischenzeitlich etwa 4,30 Meter über Normal - gut einen Meter mehr als der bisherige Rekord von 1960. In vielen Straßen- und U-Bahn-Tunneln stand das Wasser in der Nacht mehr als einen Meter hoch.
„Die Verkehrsbetriebe haben gesagt, dass es das größte Unglück in ihrer 108-jährigen Geschichte ist. Und der Stromversorger sprach von "beispiellosen Schäden"“, berichtete Bloomberg. Bei Bränden im Stadtteil Queens wurden etwa 80 Häuser zerstört. Ursache der Feuer waren wahrscheinlich Kurzschlüsse.
Priorität hätten nun Strom und Verkehr. „Es wird aber noch zwei bis drei Tage, vielleicht länger dauern, bis der Strom wieder da ist“, sagte der Bürgermeister. „Wir werden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um zu helfen.“ Wann U-Bahnen und Regionalzüge wieder fahren könne, sei ungewiss. „Hoffentlich geht es am Mittwoch wieder los. Aber die Tunnel sind geflutet, und das ist ein großes Problem.“ Auch die Flughäfen seien noch geschlossen, weil Wasser auf den Landebahnen ist und die Flugsicherungstechnik möglicherweise beschädigt sei. Der Flughafen John F. Kennedy, von dem aus auch viele Flüge von und nach Deutschland abgewickelt werden, könnte den Angaben von Gouverneur Cuomo zufolge aber bereits am Mittwoch wieder öffnen.
Unter den Toten im Großraum New York sind zwei Kinder, sie starben beim Spielen zu Hause, als ein Baum durchs Dach des Hauses im Landkreis Westchester schlug. Im New Yorker Stadtteil Queens fiel ein Ast durch das Dach eines Holzhauses und tötete einen 29-Jährigen.
New Yorks berühmter Stadtteil Manhattan ist nach „Sandy“ gewissermaßen in zwei Hälften geteilt: Die Trennungslinie ist die 39. Straße, knapp auf der Höhe von Times Square und Vereinten Nationen. Oberhalb dieser Linie ist fast alles in Ordnung, die Schäden von „Sandy“ beschränken sich zumeist auf abgebrochene Äste und zerstörte Autos. Unterhalb der 39. Straße hat aber kaum jemand Strom.
Die aus vielen Bundesstaaten zusammengezogenen Reparaturmannschaften arbeiteten mit Hochdruck an den Leitungen und Verteilstationen. Die Explosion in einem Umspannwerk während des Sturms hatte die Situation noch weiter verschärft. Der grelle Feuerball war in der Nacht zu Dienstag kilometerweit zu sehen.
Es werden noch Tage vergehen, bis der Verkehr in New York wieder normal läuft. Die Stadtautobahnen waren am Dienstag weiter gesperrt. Die größten Probleme bereiten die Straßen- und U-Bahn-Tunnel unter East und Hudson River. Viele sind vollgelaufen, das Wasser stand dort oft deutlich mehr als einen Meter hoch.
In New York wurden 76 Aufnahmezentren für Menschen eingerichtet, die vor dem Sturm fliehen mussten. Auch für Haustiere wird dort gesorgt. Bloomberg kündigte an, notfalls noch weitere Heime zur Verfügung zu stellen.
Während der Nahverkehr noch am Boden lag, galten in New York einige Beschränkungen für Taxis zeitweise nicht mehr. So dürfen die gelben Autos jetzt auch mehrere Passagiere wie Sammeltaxis aufnehmen. Schwarze Taxis, sonst in ihren Fahrgebieten beschränkt, dürfen überall operieren. Bloomberg bat alle New Yorker, die Aufräumarbeiten zu unterstützen: „Eines was jeder tun kann: Bleiben Sie von der Straße.“