Suche auf „Concordia“ unterbrochen
Giglio/Rom (dpa) - Trotz Sonnenscheins und zunächst wenig Wind musste die Suche nach Vermissten im Wrack der „Costa Concordia“ am Freitagmorgen erneut unterbrochen werden. Das Schiff bewege sich wieder, teilten Rettungsmannschaften auf der Insel Giglio mit.
Im Laufe des Vormittags wurde über das weitere Vorgehen beraten. Möglicherweise haben Unterwasserströmungen am frühen Morgen Bewegung in das Schiff gebracht. Um den Ozeanriesen zu stabilisieren, gibt es Pläne, den 290 Meter langen Koloss mit Hebeseilen an den Felsen festzumachen.
Die Zeit drängt, da sich von Norden her ein heftiges Unwetter nähert. Sturm und hohe Wellen könnten den Luxusliner, in dem immer noch mehr als 20 Vermisste - darunter zwölf Deutsche - vermutet werden, weiter absacken lassen.
Das Kreuzfahrtschiff droht dann über eine Unterwasserklippe in die Tiefe zu sinken. Die Retter hoffen, dass Giglio sozusagen im Windschatten der westlich gelegenen Insel Korsika etwas geschützt gegen Sturmböen und hohen Seegang sein könnte.
In Giglio beriet ein wissenschaftlicher Ausschuss des Zivilschutzes, ob die Bewegung des Schiffes auch bedeuten könnte, dass es sich dort „setzt“, wo es auf dem Felsen vor der toskanischen Insel aufgelaufen ist.
Ein ferngesteuerter Unterwasserroboter sollte am Nachmittag nahe am Rumpf des gekenterten Schiffes die Frage klären helfen, ob das Wrack auf dem Boden „verankert“ werden kann, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Jede Bewegung des gekenterten Kreuzfahrtschiffes werde auch mit Satellitenaufnahmen verfolgt, hieß es.
„Absolute Priorität hat für uns weiterhin die Suche nach Vermissten“, sagte der Sprecher der Rettungsmannschaften, Luca Cari, auf die Frage, wann mit dem Abpumpen des Treibstoffs zu rechnen sei. Unklar ist damit, wann die niederländische Spezialfirma Smit mit dem Abpumpen des Öls an Bord beginnen kann. Der Beginn der Aktion war für diesen Samstag, möglicherweise aber bereits am Freitag geplant. Allerdings können diese Arbeiten aus Sicherheitsgründen erst beginnen, wenn sich keine Retter mehr an Bord befinden.
Nach Angaben der Reederei sollen etwa 2300 Tonnen Treibstoff an Bord sein, offensichtlich überwiegend Schweröl. „Schweröl ist wie dicker, zähflüssiger Honig. Um es abzupumpen, muss es erst auf 45 bis 50 Grad erwärmt werden“, sagte eine Sprecherin des Havariekommandos Cuxhaven. Die Tanks der „Costa Concordia“ fassen 2400 Tonnen.
Zur Diskussion um die möglichen katastrophalen Fehler des Kapitäns sagte der Chef der Costa-Crociere-Reederei, Pier Luigi Foschi, dem Mailänder „Corriere della Sera“, Kommandanten hätten zu viel Macht bei ihren Entscheidungen. Foschi sagte, es sei nicht normal und nicht zu rechtfertigen, dass es nach dem Auflaufen auf einen Felsen erst mit einstündiger Verspätung zur Evakuierung gekommen sei. „Das ist der schlimmste Moment in meinem Leben, nach dem Tod meiner Mutter. Ich schlafe nachts nicht“, schilderte Foschi seine persönliche Stimmung in dem Interview.
Am Freitag verbreiteten italienische Medien Amateuraufnahmen, auf denen zu sehen sein soll, dass Crewmitglieder der „Costa Concordia“ Passagiere auch dann noch in ihre Kabinen zurückschickten, als bereits Wasser in das Schiff eintrat. „Alles ist unter Kontrolle, kehren Sie zu den Kabinen zurück“, sagt ein Besatzungsmitglied etwa 40 Minuten nach dem Aufprall in dem vom TV-Sender RaiNews24 verbreiteten Video. „Wir haben das elektrische Problem, das wir hatten, gelöst.“ Mit diesen Worten wendet sich eine Frau im Auftrag des Kapitäns an Passagiere. Die Aufnahmen scheinen Vorwürfe gegen den unter Hausarrest stehenden Kapitän Francesco Schettino zu bestätigen, dass die Evakuierung zu spät begann und chaotisch ablief.