Terror gegen Sportveranstaltung? Noch sind Fragen offen
Frankfurt/Oberursel (dpa) - Islamistischer Terror mitten in Deutschland? Die Behörden in Hessen haben vermutlich einen Terroranschlag vereitelt. Indizien deuten daraufhin, dass ein am Donnerstag in Haft genommenes Ehepaar beim Radklassiker „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ am 1. Mai einen Bombenanschlag geplant hatte.
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) spricht von einem salafistischen Hintergrund der Verdächtigen.
Wie kamen die Ermittler den Verdächtigen auf die Spur?
Die Behörden wurden auf das Paar aufmerksam, nachdem die 34-jährige Türkin unter falschem Namen drei Liter Wasserstoffperoxid in einem Baumarkt gekauft hatte. Dieser Stoff sei zum Bombenbau geeignet, sagt der stellvertretende Leiter der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Stefan Rojczyk. Der Kauf von Wasserstoffperoxid in einer bestimmten Menge ist meldepflichtig, der Baumarkt habe die Polizei informiert. Wie die Ermittler die Verdächtigen trotz Angabe falscher Personalien aufgespürt haben, will das Landeskriminalamt zunächst nicht mitteilen. Bekannt ist allerdings, dass der 35 Jahre alte Mann Verbindungen zur radikalislamistischen Szene im Rhein-Main-Gebiet hat. Zudem war der Verdächtige wegen diverser Delikte bereits polizeilich bekannt.
Wie hat sich der Verdacht erhärtet?
In der Wohnung des Paares wurden unter anderem drei Liter Wasserstoffperoxid gefunden - eine Chemikalie, die auch zum Bombenbau geeignet ist. Zudem entdeckte die Polizei eine funktionsfähige Rohrbombe, 100 Schuss Munition und Teile eines Sturmgewehrs G3. „Wir gehen davon aus, dass wir einen Anschlag dadurch verhindern konnten“, sagt der Leiter der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Albrecht Schreiber. Nach den Angaben hatte der Deutsch-Türke vor Jahren auch Verbindungen zur islamistischen Sauerland-Gruppe. Vier ihrer Mitglieder waren 2012 wegen der Planung von Terroranschlägen verurteilt worden. Dem Vernehmen nach können die Ermittler unter anderem Telefonverbindungen des Verdächtigen zur Sauerland-Gruppe nachweisen. Wie intensiv die Kontakte waren, wusste das LKA bislang aber noch nicht.
Was hatte das Paar geplant?
Das LKA geht im Moment davon aus, dass das Radrennen „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ Anschlagsziel war. Deshalb sagte die Behörde den Radklassiker sicherheitshalber ab. Sie sieht Überschneidungen beim Streckenverlauf des Radrennens und dem Bewegungsprofil der festgenommen Personen. „Unsere Ermittlungen konzentrieren sich auf das Radrennen, aber andere Ziele sind nicht ausgeschlossen“, sagt ein LKA-Sprecher. Nach den Worten von LKA-Präsidentin Sabine Thurau ist das sichergestellte Material geeignet, eine Vielzahl von Menschen zu töten oder zumindest schwer zu verletzen.
Warum soll eine Sportveranstaltung das Anschlagziel sein?
Sportveranstaltungen gelten als mögliches Ziel für Terroristen: „Man kann es nicht überwachen, ein Radrennen ist eine große Massenveranstaltung mit tausenden Teilnehmern und Zuschauern“, sagt Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam. „Es ist ein sogenanntes weiches Ziel, das eine super Angriffsfläche bietet.“ So töteten zwei Islamisten beim Marathon in Boston (USA) 2013 drei Menschen mit Sprengsätzen und verletzten fast 250. In Deutschland sind wegen befürchteter Terrorgefahr bereits mehrfach Veranstaltungen abgesagt worden, etwa im Januar in Dresden Demonstrationen von Anhängern und Gegnern der Pegida-Bewegung und im Februar der Karnevalsumzug in Braunschweig. Islam-Expertin Schröter betont: „Man möchte nicht nur viele Menschen töten, man möchte ja auch, dass man sofort in die Medien kommt.“
Gibt es Komplizen?
Das schließen die Ermittler nicht aus. Das Radrennen wurde auch deshalb abgesagt, weil das Duo möglicherweise nicht alleine handelte. Allerdings gebe es bisher keine konkreten Hinweise zu Verbindungen zu Terrornetzwerken wie Al-Kaida oder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), hieß es beim LKA.
Besteht die Gefahr eines Anschlages weiterhin?
Das kann zumindest nicht ausgeschlossen werden. Deshalb durchkämmten auch Beamte den Wald an der Strecke etwa auf der Suche nach Bomben.