Hintergrund Terrorattacke in London: Was wir wissen - und was nicht

London (dpa) - Wenige Tage vor der Parlamentswahl wird Großbritannien erneut von einem Terroranschlag erschüttert, dem dritten in wenigen Monaten. Die Tat findet mitten in der Hauptstadt London statt.

Foto: dpa

WAS WIR WISSEN

- Die Tat: Um 22.08 Uhr Ortszeit (23.08 Uhr MESZ) gehen bei der Polizei erste Notrufe ein, dass ein Kleintransporter auf der London Bridge Fußgänger erfasst hat. Der Wagen fährt weiter zum nahen Borough Market, einem beliebten Touristenziel. Dort lassen die Angreifer das Auto stehen und beginnen, mit langen Messern auf Menschen einzustechen.

- Die Täter: Die Polizei erschießt drei männliche Tatverdächtige am Borough Market - acht Minuten nach Eingang des Notrufs. Die Attentäter tragen Westen aus Sprengstoffattrappen. Die Polizei geht davon aus, dass es keine weiteren Attentäter gab. Alle drei Männer sind inzwischen identifiziert:

- Khuram Shazad Butt (27), ein in Pakistan geborener Brite, war der Polizei und dem Inlandsgeheimdienst MI5 bekannt. Trotz seiner radikalen Ansichten arbeitete er 2016 mehrere Monate für die Londoner U-Bahn. Die Sicherheitskräfte stuften ihn als nachrangig ein. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.

- Rachid Redouane (30), ein Marokkaner, der sich auch als Libyer ausgegeben hat. Redouane hatte eine 17 Monate alte Tochter mit einer 38-jährigen Frau, die aus Irland oder Schottland stammen soll.

- Joussef Zaghba (22), ein Italiener marokkanischer Herkunft. Die britischen Behörden behaupten, er sei weder der Polizei noch dem Inlandsgeheimdienst MI5 bekannt gewesen.

Alle drei Terroristen lebten zuletzt in Ost-London.

- Die Polizeiaktionen: Die Polizei nimmt nach der Tat in Barking im Osten Londons insgesamt zwölf Menschen im Alter von 19 bis 60 Jahren fest. Es handelt sich um sieben Frauen und fünf Männer. Alle werden am Montagabend ohne Anklage wieder freigelassen. Einsatzkräfte durchsuchen weitere Objekte. Am Dienstag wird ein 27-jähriger Mann festgenommen.

- Die Todesopfer: Mindestens sieben Menschen werden von den Angreifern getötet. Unter den Toten sind drei Ausländer: eine 28-jährige Krankenschwester aus Australien, eine 30-jährige Kanadierin sowie ein Franzose. Ein viertes Todesopfer, ein 32 Jahre alter Brite, wurde von seiner Schwester identifiziert. Sein Tod ist aber noch nicht offiziell bestätigt.

- Die Verletzten: Mindestens 48 Menschen werden verletzt. Darunter sind auch zwei Deutsche, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bestätigt hat. Eines der deutschen Opfer hat demnach schwere Verletzungen davongetragen. 32 Verletzte waren laut der britischen Gesundheitsbehörde NHS noch im Krankenhaus, 15 befanden sich am Dienstag noch in Lebensgefahr. Auch vier Polizisten sind verletzt.

- Das Motiv: Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten „Das ist für Allah“ geschrien.

- Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert die Tat für sich. IS-Kämpfer hätten sie ausgeführt, teilt das IS-Sprachrohr Amak am Sonntagabend über seine üblichen Kanäle im Internet mit. Die Echtheit konnte zunächst nicht geprüft werden.

WAS WIR NICHT WISSEN

- Einzelheiten der Tat: Unklar ist unter anderem, wie viele Menschen von dem Kleintransporter angefahren und verletzt oder gar getötet wurden und wie viele Menschen Opfer der Messerangriffe wurden.

- Mögliche Netzwerke: Zwar geht die Polizei nur von drei Beteiligten am Tatort aus, sie sucht aber nach Hintermännern und Helfern im Inland. So hatte der Attentäter Butt laut der Zeitung „The Times“ unter anderem Kontakt zu einem Hassprediger und einem Terroristen, der an den Anschlägen vom 7. Juli 2005 in London beteiligt war.

- Das Schicksal der Vermissten: Mehrere Menschen, die am Samstagabend in der Nähe des Tatorts gesehen wurden, werden vermisst. Darunter sind eine 21 Jahre alte Australierin sowie ein 39-jähriger Spanier.