Triumphnacht für Guardiola
Berlin (dpa) - Diese magische Fußball-Nacht hatte die bayerische Seele gebraucht - so und nicht anders. Die ausgepumpten Münchner Double-Helden ließen es nach ihrem finalen Kraft- und Willensakt in Berlin krachen.
„Einige haben die Sonne in der Frühe gesehen“, berichtete Kapitän Philipp Lahm am Sonntag nach dem Rückflug und dem Empfang vor 15 000 Anhängern auf dem Rathausbalkon. „Danke, bis zum nächsten Jahr. Dieses Jahr ist der Pott da, wo er hingehört“, rief ein übernächtigter Thomas Müller den Anhängern zu.
Auf der Berliner Partybühne hatte ein glücklicher Karl-Heinz Rummenigge in der durchgemachten Nacht den eigenwilligen Trainer „mit den genialen Zügen“ liebevoll und dankbar in den Arm genommen. „Pep, du passt wunderbar zum FC Bayern!“, rief Rummenigge den geladenen Edelfans in der Zentrale des Bayern-Hauptsponsors zu. Saison gerettet, auf das historische Triple folgte eine emotionale Achterbahnfahrt mit dem zehnten Double in der bewegten Geschichte der Nummer 1 in Fußball-Deutschland.
„Mia san Pep“ - diesen Titel trägt der 17. Pokalsieg, den die Bayern 53 Tage nach der 24. Meisterschaft in einem 120-minütigen Krimi mit dem 2:0 gegen den Erzrivalen aus Dortmund perfekt machten. Es war ein großer Trainersieg, der größte für Guardiola am Ende „meines schwierigsten Jahres“, wie der Spanier ausgelaugt resümierte.
In einem Ausbruch der Emotionen hatte der Katalane, der kein Feierbiest ist, im Stadion auf dem Siegerpodest im goldenen Konfettiregen die rechte Faust triumphierend in die Luft gereckt. „Dieses Jahr war das wichtigste in meiner kurzen Karriere als Trainer. Es war sehr schwer für mich“, gestand der 53-Jährige nach der heftigsten, aber auch schönsten Bierdusche seines Lebens.
Dreimal warfen ihn seine Spieler in die Höhe. „Er hat einen super Job gemacht“, lobte Arjen Robben, der mit dem 1:0 in der 107. Minute die gewagte, aber goldrichtige Final-Taktik aufgehen ließ. „Wir haben gekämpft bis zum Umfallen“, resümierte Robben, den Rummenigge zur „Bestia negra“ (schwarze Bestie) für Dortmund erklärte, weil der Holländer vor einem Jahr auch das Champions-League-Finale mit dem 2:1-Siegtor entschieden hatte. Treffer Nummer zwei von Müller (120.+3) war der krönende Schusspunkt eines Spektakels, bei dem die Bayern auch Glück benötigten, weil der Verlierer das Unrecht eines geklauten Tores beklagen durfte.
„Der Ball war hinter der Linie“, sagte Nationalspieler Mats Hummels über seinen nicht anerkannten Kopfballtreffer in der 64. Minute. „Das muss man auch sehen, wenn man keine Torlinientechnik hat“, giftete BVB-Coach Jürgen Klopp in Richtung des Schiedsrichtergespanns. „Im realen Ablauf war es sowohl für meinen Assistenten als auch für mich nicht zweifelsfrei erkennbar, ob der Ball die Torlinie vollständig überschritten hat oder nicht“, verteidigte sich Florian Meyer.
Die Schlüsselszene konnte die Münchner Glücksgefühle nicht trüben. Zu wichtig war dieses finale Happy End, das quälende und hysterische Sommerdebatten über den ins Abseits gestellten Mario Mandzukic hinaus verhindern sollte. „Ich weiß, was losgewesen wäre, wenn wir nicht gewonnen hätten“, bemerkte Robben. Jetzt ist wieder alles gut, was zuletzt plötzlich schlecht war. „Letztes Jahr drei Titel, dieses Jahr zwei - wir schreiben weiter Geschichte“, sagte Javier Martínez, die zentrale Figur auf dem Feld, als Vorkämpfer und Abwehrbollwerk.
Unter Druck hatte Guardiola einen gewieften Plan entworfen und diesen mit dem Team eine Woche lang im Geheimtraining einstudiert. „Der Trainer hat uns nicht ins kalte Wasser geschmissen“, berichtete Lahm. Guardiola rückte für das Finale von seinem Pep-Fußball mit Spielkontrolle weit in der Hälfte des Gegners ab. Er überlistete den BVB mit einem 3-4-3-System, einer Kontertaktik mit Robben als Mittelstürmer für den aus dem Kader verbannten Mandzukic, der trotz seines Vertrages bis 2016 ausgespielt hat beim FC Bayern.
Eine Mannschaft könne nur nach den Ideen des Trainers spielen. Diese Ansage hatte Guardiola nach der bitteren Champions-League-Nacht beim 0:4 gegen Real Madrid gemacht. Und die Mannschaft folgte ihm in Berlin geschlossen, vom Vorkämpfer Martínez über den 18-jährigen Pierre-Emile Hojbjerg bis hin zu Matchwinner Robben. „Heute stand wieder eine richtige Mannschaft auf dem Platz und außerhalb“, betonte Lahm. Weder seine frühe Verletzung noch andere personelle Nackenschläge konnten die Bayern umwerfen. „Wir haben es wieder allen gezeigt“, tönte der Kapitän.
Matthias Sammer lobte die „taktische Disziplin“ eines Kollektivs, das sich füreinander aufopferte. „Das war gegen Real Madrid nicht der Fall“, sagte der Sportvorstand. Die Erfolge würden natürlich helfen für das zweite Guardiola-Jahr. Der Trainer ist den Schatten seines Triple-Vorgängers Jupp Heynckes los. „Es ist immer noch viel Arbeit, die Mannschaft so zu gestalten, wie ich das will“, sagte Guardiola.
Zukunftsmusik. Rummenigge war „glücklich“ mit dem Erreichten. Vier Titel holten die Bayern mit dem Spanier, wie er stolz aufzählte: Erstmals den europäischen Supercup und die Club-WM, dazu „die Meisterschaft im Husarenritt und oben drauf den Pokal“.
Dortmund dagegen ging wie 2013 wieder leer aus. Aber auch der Bayern-Chef sprach voller Respekt über die „berühmt-berüchtigte Rivalität“ zur Borussia, die den Rekordchampion weiter antreiben wird. Und umgekehrt. „Ohne zu viel zu versprechen: Das war nicht das letzte Finale, was wir gegen die Bayern gespielt haben. Die werden uns nicht los“, kündigte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf der „Schwarzgelben Nacht“ im Berliner „Kraftwerk“ an. Auch wenn Stürmerstar Robert Lewandowski die Fronten wechselt, Klopp und Co. werden nach dem WM-Sommer neu angreifen: „Alles wird gut. Im nächsten Jahr holen wir uns einige Jungs dazu.“