Trump gegen den Rest: Wüste Schlacht bei US-Republikanern

Washington (dpa) - Als Donald Trump am Dienstag in seinem Privatclub in Palm Beach vor seine Anhänger tritt, müht er sich redlich. Der Versuch, wie ein Staatsmann zu wirken, ist ihm anzusehen.

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Ein Brückenbauer wolle er sein, sagt ausgerechnet der Spalter. Die Partei der US-Republikaner müsse wieder geeint werden, erklärt der 69-Jährige nach dem siegreichen Wahldienstag.

Die für Trump ungewöhnlich leise Rede kommt wie üblich mit einer Stunde Verspätung, aber sie ist kurz, nur ein paar Minuten dauert sie. Trump hat keine Zeit, er muss rechnen gehen. Der 69-Jährige hat gerade historische Siege eingefahren und dennoch: das Rennen steht für ihn Spitz auf Knopf, seine Kandidatur ist zu einer Wahlkampfschlacht geworden und wird das nach Lage der Dinge noch eine Weile bleiben. Es geht ab jetzt nicht mehr darum, ob Trump der stärkste Bewerber seiner Partei wird, sondern mit welchem Abstand er auf den Parteitag im Juli zieht.

Trump hat wohl vier von fünf Wahlen am Dienstag gewonnen, seine Führung bei den Delegierten mehr als verdoppelt. Er ist seinem Ziel einen großen Schritt näher gekommen. Trump fing die Proteststimmung in vielen Teilen der US-Bevölkerung gekonnt ein, er sei quasi „ein riesiger Mittelfinger“, wie es ein Parteifunktionär ausdrückt. Die Arithmetik der Nominierungsprozedur aber will es so: Trump ist noch längst nicht am Ziel.

Der weichenstellende Dienstag ließ die tief zerrissene Partei der Republikaner nach den Wahlen in Florida, Illinois, Ohio, Missouri und North Carolina noch zerklüfteter zurück, als sie ohnehin schon war. So wie es aussieht, steuert die Partei auf eine Kampfabstimmung beim Nominierungsparteitag in Cleveland zu. Kommentatoren nannten das am Dienstag „ein potenzielles Blutbad“.

Während bei den Demokraten Hillary Clinton am Dienstag mit mindestens vier Siegen aus fünf Staaten weiter schnurgerade in Richtung Kandidatur marschierte, brennt es bei den Republikanern lichterloh. Der Kampf tobt zwischen zwei Lagern: Donald Trump und Anti-Donald-Trump. In Ohio sollen sogar Demokraten bei den Republikanern wählen gegangen sein, nur um Trump zu verhindern. Ohio zog gegen Trump die Notbremse - doch ob der Zug anhält, ist ungewiss.

Der New Yorker will genau diesen Lagerkampf verhindern. Er versucht, sich Rückendeckung vom innerparteilichen Gegner zu holen - vom Establishment, auf das er die letzten Monate pausenlos einhackte. Er habe mit Paul Ryan telefoniert, dem mächtigen Parlamentsvorsitzenden im Repräsentantenhaus und mit Mitch McConnell, dem Mehrheitsführer der Republikaner im Senat. Es sollte den Versuch untermauern, Frieden zu stiften in einem Wahlkampf, der zum „Bürgerkrieg“ innerhalb der Grand Old Party geworden ist.

Möglicherweise hat Trump für eine Friedenslösung den Krieg aber zuvor selbst zu heftig geführt. Gewaltszenen auf Kundgebungen, polizeiliche Ermittlungen gegen Trump, Fremdschämen in großen Teilen Amerikas und im Ausland. „Der Einfluss, den seine Kandidatur hat und weiter auf die Republikaner und das politische System in den USA haben wird, ist signifikant“, sagt Jacob Parakilas, Amerika-Experte bei der Londoner Denkfabrik Chatham House. Außenwirkung: katastrophal.

Der Sieg von John Kasich in seinem Heimatstaat Ohio hat die Mathematik der Nominierung beeinflusst, auch wenn Trump bei seinem K.O.-Sieg in Florida alle 99 Delegierten abräumte und sein Widersacher Marco Rubio kampfunfähig das Handtuch warf.

Trump braucht bei den verbleibenden Vorwahlen rechnerisch zwischen 50 und 60 Prozent der Delegierten, um auf die magische Zahl von 1237, die absolute Mehrheit beim Parteitag in Cleveland zu kommen. Bisher hat er keine 50 Prozent. Die Steigerung ist möglich, aber längst nicht sicher.

Kommt er zumindest in die Nähe der 1237 Delegierten, werden es seine Parteifeinde schwer haben, wenn sie keinen Volksaufstand der wenig zimperlichen Trump-Anhängerschaft riskieren wollen. „Wenn man mir die Nominierung nimmt, gibt es Unruhen“, sagte Trump am Mittwoch selbst. Je weiter er von 1237 wegbleibt, desto wahrscheinlicher wird ein Coup gegen ihn. Sogar eine Kampfkandidatur von Paul Ryan oder eine Wiedergeburt des ausgestiegenen Jeb Bush werden diskutiert. Als sicher gilt: Das zermürbende Rennen bei den Republikanern geht weiter bis in den Juni, keiner für alle, alle gegen jeden.

Ohio-Sieger John Kasich, der nicht einmal rechnerisch eine Chance auf eine Mehrheit hat, spekuliert genau auf ein solches Szenario wenn er sagt: „Ich bin derjenige, der die größten Chancen gegen Hillary Clinton hat.“ Allan Lichtman, Professor an der Amercian University in Washington, macht es deutlich: „Kasich hat eine, und wirklich nur eine Chance: Eine Kampfabstimmung, bei der es zum Kuhhandel kommt und er plötzlich als am besten geeigneter Kandidat gegen Clinton dasteht.“

Bei den Demokraten stellt sich die Frage, wie lange Hillary Clintons Widersacher Bernie Sanders noch durchhalten kann - und will. Mathematisch hat er nach dem Verlust von Ohio und Illinois an Dienstag kaum noch eine Chance. „Wir glauben nicht, dass Senator Sanders noch gewinnen kann“, sagt Clintons Sprecherin Jennifer Palmieri. Doch hat dieser mehrfach angekündigt, seine „politische Revolution“ zu Ende führen zu wollen. Sanders hat von seiner Anhängerschaft soviel Geld in Kleinspenden gesammelt, dass sein finanzieller Atem leicht bis zum Parteitag reichen könnte.

Nach Auffassung von Experten schadet der Senator, der vor allem bei der Jugend gut ankommt, jedoch seiner Partei. „Bernie Sanders ist der beste Freund, den die Republikaner jemals hatten“, sagt Allan Lichtman. Donald Trump, das sagen zumindest bisher alle Umfragen, kann Hillary Clinton bei der Präsidentschaftswahl nicht schlagen. „Das kann nur Bernie Sanders“, sagt Lichtman.