Analyse Trumps 2018: Rohes neues Jahr?

Washington (dpa) - Vieles spricht dafür, dass es 2018 mehr Trump geben wird und nicht weniger. 2017 hat er nach eigener Einschätzung als das erfolgreichste erste Jahr aller US-Präsidenten absolviert.

Foto: dpa

Er ist im Weißen Haus, weil er genau so ist, wie er ist.

Trump will sich nicht, wird sich nicht, kann sich nicht ändern. Er dürfte unberechenbar wie ein Taschenspieler bleiben - 2018 erst recht. Denn für sein politisches Überleben ist Trump auf seine Basis angewiesen wie auf kaum etwas sonst. Die steht im Kern eisenfest, erodiert aber an den Rändern. Das dürfte Trump mit noch mehr Kampagne, Impulsivität und Isolationismus zu heilen versuchen.

Dieses Mal könnte eine Strategie á la „Lasst Trump Trump sein“ für den Präsidenten allerdings schwierig werden. Mit den enorm wichtigen US-Halbzeitwahlen und großen internationalen Herausforderungen ist 2018 kein Zwischenjahr.

Trump hat zunächst keine rasch umsetzbaren, großen und populären Ziele mehr. Was er über präsidiale Dekrete („executive order“) erreichen konnte, hat er großenteils getan. Und er hat aus seiner Sicht viel erreicht. Auch das spricht dafür, dass er noch kurzfristiger, sprunghafter und spontaner immer aufs Neue alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. „Der entfesselte Präsident. Wir können 2018 die volle Ladung Trump erwarten“, schrieb der Informationsdienst Axios.

Trump wird weiter twittern, als sei jeder Tag sein letzter: die Einheit von Mann und Medium in den ununterbrochenen Erregungsschleifen der US-Medien.

Anderes ist weniger gewiss.

AUSSENPOLITIK: Trump könnte die Befriedigung seiner Basis noch mehr mit Weltpolitik zu verknüpfen suchen. Das weitaus bedrohlichste Problem bleibt Nordkorea. Hier ist die Linie der USA undeutlich. Eine militärische Lösung gibt es nicht, eine diplomatische lehnt Trump nach außen ab. Untrennbar mit Pjöngjang verbunden ist das Verhältnis zu China. Von der Supermacht im Wartestand gab sich Trump zuletzt enttäuscht. US-Medien wollen wissen, dass Washington schon im Januar Konsequenzen zieht und Handelsrestriktionen gegen Peking erlässt.

HALBZEITWAHLEN: Wenn das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt werden, hat die Partei des Präsidenten im Schnitt jeweils 32 Sitze und zwei Senatoren verloren. Jedes Mal seit dem Bürgerkrieg. 2018 reichen den Demokraten 24 Sitze für die Mehrheit im „House“. Aber selbst bei einer Anti-Trump-Welle wäre das kein Selbstgänger. Das Wahlsystem und auf Republikaner zugeschnittene Wahlbezirke (Gerrymandering) sprechen nicht für die Demokraten. Ihr eigener Zustand auch nicht. Dennoch gehen sie mit Rekordzustimmung in das neue Jahr.

Werden sich nach dem Harvey-Weinstein-Moment und der #MeToo-Debatte um sexuellen Missbrauch und Übergriffe auch in der Politik deutlich mehr Frauen zur Wahl stellen? Sollten die Demokraten mit ihrer Hilfe das „House“ zurückholen, dürften sie mit einem Impeachment gegen Trump nicht lange zögern. Solch ein Amtsenthebungsverfahren dauert allerdings lange. Auch würde es die Spaltung der USA noch vertiefen.

INFRASTRUKTUR: Trump will bald ein Großprojekt für die in der Tat vielerorts marode Infrastruktur angehen, siehe jüngste Unglücke und Unfälle. Dafür braucht er die Demokraten, die Republikaner können dieses Projekt nicht einfach durchdrücken. Warum aber sollten ihm die Demokraten die Hand reichen, wenn ihnen im November ein Sieg winkt?

STEUERREFORM: Eine noch bessere Konjunktur könnte sich vor der Halbzeitwahl positiv für Trump auswirken. Oder die Folgen der Reform bewirken genau das Gegenteil, sollten die meisten Leute merken, dass sie am Ende weder mehr Geld noch einen neuen Job haben. In jüngsten Umfragen war die Reform sehr unbeliebt, aber das kann sich ändern. Die Demokraten geben sich sicher, eine Welle schlechter Laune über viele Ungerechtigkeiten zum Wahlsieg reiten zu können.

POPULISMUS: Das Wahljahr wird bald zeigen, ob die Republikaner sich - gegen Trump - wieder auf klassische Inhalte besinnen wollen. Oder ob populistische Brandredner des rechten Flügels die Oberhand behalten, munitioniert von Trumps Ex-Chefstrategen Stephen Bannon. In Alabama ist das für den Kandidaten der Populisten nicht gut ausgegangen. Das wurde bereits als Brechen der Trump'schen Welle gewertet, aber für diese Einschätzung dürfte es Anfang 2018 zu früh sein.

RUSSLAND-ERMITTLUNGEN: „Was weiß Robert Mueller, was wir nicht wissen“, fragt die „Washington Post“, wie weit werden die Befragungen des Sonderermittlers reichen, und wird er gefeuert werden? Nach jähem Abgang sah es zuletzt nicht mehr aus, aber in Trumps Welt werden auch 2018 Unberechenbarkeit und Spontaneität Konstanten bleiben - für alle. Energisches Erwartungsmanagement soll Mueller jetzt so schlecht machen wie möglich, etwaig schädliche Ergebnisse früh eindämmen. Es stehen die Verhandlungen der Trump-Mitarbeiter Paul Manafort und Rick Gates an. Und das, was Ex-Sicherheitsberater Mike Flynn weiß, Mueller schon gesagt hat oder noch sagen wird.

SUPREME COURT: Sollte 2018 einer der obersten Richter altersbedingt zurücktreten, könnte Trump die Macht der Konservativen auf Jahrzehnte zementieren. Die Gerüchte halten sich, Anthony Kennedy (81) stehe vor dem Rückzug.

OFFENE FRAGEN: Steigen die USA auch noch aus dem Handelsabkommen Nafta aus? Wenn nicht, was für Konzessionen machen Kanada und Mexiko? Was geschieht mit dem iranischen Atomdeal, auch vor dem Hintergrund regimekritischer Proteste im Iran? Wie geht es weiter nach der Truppenaufstockung in Afghanistan? Wozu führt in Nahost die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels? Gibt es vor einer Abschiebefrist am 5. März eine Einigung für Hunderttausende der „Dreamers“, die als Kinder illegal in die USA gekommen waren?

PERSONALIEN: Es ist unsicher, ob Außenminister Rex Tillerson und der oberste Wirtschaftsberater Gary Cohn bleiben. Und was wird aus Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner? Zahlreiche Abgänge stehen in der operativ sehr wichtigen zweiten Ebene im Weißen Haus an.

DER JANUAR: Zunächst geht es, wieder einmal, um die Finanzierung der Regierung. Am 19. Januar läuft im tief zerstrittenen Kongress die Frist für den „Shutdown“ aus. Am 30. Januar wird Trump dann unter größter Aufmerksamkeit seine erste Rede zur Lage der Nation als Präsident im Amt abgeben. Sollten Bewertungen der Medien kritisch von der seinen abweichen, steht sein Urteil bereits fest: „Fake News“.