Wahlbeobachter beklagen neuen Behördendruck

Moskau (dpa) - Die einzige unabhängige russische Wahlbeobachterorganisation Golos hat am Samstag neuen Druck von den Moskauer Behörden beklagt. Golos-Chefin Lilija Schibanowa teilte mit, dass Zollbeamte sie auf einem Moskauer Flughafen festgehalten und ihren Taschencomputer beschlagnahmt hätten.

Die auch von der EU finanzierte Organisation sah sich vor der Parlamentswahl einer Hetzjagd ausgesetzt. Am Vortag hatte die Staatsanwaltschaft eine Strafe gegen Golos wegen Störung des Wahlkampfes verhängt.

Der russische Regierungschef Wladimir Putin, der die Kremlpartei Geeintes Russland führt, hatte die unabhängigen Beobachter als „Judas“ bezeichnet. Danach hatten einzelne Politiker sowie der Chef der Wahlkommission, Wladimir Tschurow, Anzeige gegen Golos erstattet. Aus der EU und den USA kam scharfe Kritik an dem Vorgehen gegen die letzten unabhängigen russischen Wahlbeobachter. Golos hatte zahlreiche Verstöße der Putin-Partei gegen Wahlgesetze öffentlich gemacht. Die Regierungspartei rechnet mit einem klaren Sieg gegen die anderen sechs Mitbewerber.

Golos-Chefin Schibanowa sei nach ihrer Rückkehr aus Warschau die ganze Nacht auf dem Flughafen Scheremetjewo festgehalten worden, berichtete der Radiosender Echo Moskwy. Die Beschlagnahme des Computers sei ungesetzlich, weil es sich nicht um Zollware handele, sagte Schibanowa. Nach ihren Angaben will der Zoll das Gerät auf mögliche Piratensoftware untersuchen. Demnach weigerte sie sich zunächst, den Computer herauszugeben und bestellte Techniker der Organisation Golos, die die Festplatte kopieren sollten.