Analyse Was Mieter künftig gegen Wuchermieten tun können
Berlin (dpa) - Es gibt viele Gründe für einen Umzug. Die Familie wird größer, ein Jobwechsel - oder aber die alte Wohnung wird unbezahlbar, weil die Vermieter immer mehr verlangen. In vielen Städten haben selbst Normalverdiener schon Probleme, eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden.
Verbände und die Politik schätzen, dass 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen her müssen, um dem steigenden Bedarf in Ballungszentren, aber auch kleineren Uni-Städten gerecht zu werden.
Gegen allzu heftige Auswüchse bei Mieterhöhungen soll die Mietpreisbremse wirken, die schon die vorige schwarz-rote Koalition eingeführt hatte. Sie legt grundsätzlich fest, dass bei der Wiedervermietung von Wohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete höchstens auf die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent angehoben werden darf. Es gibt drei Ausnahmen: wenn die Vormiete schon höher lag, wenn modernisiert oder wenn ganz neu gebaut wurde. In welchen Regionen die Bremse gilt, legen die Bundesländer fest.
Schnell wurde deutlich, dass die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form wenig hilft - unter anderem wussten die neuen Mieter oft nicht, was ihre Vorgänger gezahlt haben. Und sich gegen unzulässige Mieten zu wehren, war kompliziert. Deswegen wird jetzt auf Wunsch der SPD nachgeschärft. Am Mittwoch verabschiedete das Kabinett die Pläne, dann geht der Entwurf in den Bundestag. Ein Überblick:
TRANSPARENZ: Verlangt ein Vermieter mehr als die ortsübliche Miete plus zehn Prozent, dann muss er den Mieter schon vor Vertragsabschluss schriftlich darüber informieren, warum er das darf. Da Neubau oder Sanierung oft offensichtlich sind, zielt diese Regel vor allem darauf, dass er die Vormiete offenlegen muss, und zwar den Stand von einem Jahr vor Beendigung des vorigen Mietverhältnisses. Im Nachhinein darf der Vermieter sich nicht auf Ausnahmen berufen.
BEANSTANDUNG: Ist der Mieter der Meinung, sein Vermieter verlange zu viel, muss er das künftig einfach mitteilen und keine ausführliche Begründung mehr dafür vorlegen.
MODERNISIERUNGSKOSTEN: Bisher durften Vermieter elf Prozent der Kosten auf die Mieter umlegen, künftig nur noch acht Prozent. Das gilt aber nur in den Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt und erst mal nur für fünf Jahre. Es gibt ein „vereinfachtes Verfahren“, wenn die Modernisierung bis zu 10.000 Euro kostet.
KAPPUNGSGRENZE: Die Miete darf deutschlandweit nach einer Modernisierung innerhalb von sechs Jahren um höchstens drei Euro pro Quadratmeter steigen.
SCHADENERSATZ: Wenn Immobilienbesitzer eine Modernisierung ankündigen oder durchführen mit der Absicht, den Mieter loszuwerden - die Politiker sprechen auch von „herausmodernisieren“ - dann hat der Mieter künftig Anspruch auf Schadenersatz. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ein Jahr nach Ankündigung der Modernisierung noch nichts passiert ist, wenn der Vermieter eine Verdopplung der Miete ankündigt oder die Bauarbeiten unnötig belastend für Mieter sind.
STRAFE: So eine Modernisierung oder ihre Ankündigung „in missbräuchlicher Weise“ zählt in Zukunft als Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis 100.000 Euro geahndet werden.
Spätestens nach acht Jahren soll dann überprüft werden, ob und wie das Instrument wirkt. Dass die Mieten sinken, erwartet Justizministerin Katarina Barley (SPD) nicht - der bessere Mieterschutz soll aber helfen, den Anstieg zu bremsen. Zusätzlich will die Bundesregierung den sozialen Wohnungsbau fördern, über das Baukindergeld mehr Familien zum Eigenheim verhelfen und den privat finanzierten Wohnungsbau steuerlich fördern. Die Sonderabschreibungen für den Bau bezahlbarer Wohnungen soll laut Finanzministerium noch im September durchs Kabinett. Auch eine neue und einheitliche Vorgabe dafür, wie die ortsübliche Miete errechnet wird, ist in Arbeit.
Umstritten war die Mietpreisbremse von Anfang an. Und sie bleibt es: Die Unionsfraktion kündigte am Mittwoch an, nun im Bundestag darauf zu „achten, dass die Regelungen für Mieter und Vermieter praktikabel sind und den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages entsprechen“. Der Eigentümerverband Haus und Grund nannte das Gesetz ein „Ablenkungsmanöver“ und pochte darauf, das Bauen durch Lockerungen bei Vorschriften und Steuersenkungen billiger zu machen. Die FDP will das Instrument abschaffen, weil es Investitionen verhindere, Grüne und Linke dagegen wollen sie stärken und Ausnahmen streichen.