Winterkorn als VW-Chef gestärkt - Piëch isoliert
Wolfsburg (dpa) - Der mächtige VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hat im Ringen an der Führungsspitze des Konzerns eine ungewöhnliche Schlappe erlitten. Trotz der Attacken Piëchs bleibt Martin Winterkorn (67) als VW-Chef im Amt.
Sein bis Ende 2016 laufender Vertrag soll sogar verlängert werden. Bei einem Krisentreffen des innersten Machtzirkels stand Piëch, der am Freitag 78 Jahre alt wurde, isoliert da. Das verlautete in Konzernkreisen. Piëch hatte in der Vergangenheit viele Machtkämpfe für sich entschieden.
Winterkorn sei der „bestmögliche“ Vorstandschef, stellte das Aufsichtsrats-Präsidium nun fest. Einen Tag zuvor war das Gremium zu einem Treffen in Salzburg zusammengekommen, in der Heimat Piëchs. Winterkorn stand zuvor erheblich unter Druck, nachdem VW-Patriarch Piëch vor einer Woche dem „Spiegel“ gesagt hatte: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“
In der Mitteilung hieß es nun: „Das Präsidium legt großen Wert darauf, dass Herr Professor Dr. Winterkorn seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt und hat hierbei die uneingeschränkte Unterstützung des Gremiums.“ Das Präsidium werde dem Aufsichtsrat vorschlagen, Winterkorns Vertrag in seiner Februar-Sitzung nächstes Jahr zu verlängern. Der Kontrakt des Managers läuft Ende 2016 aus.
Allerdings ist offen, bis wann Winterkorns Vertrag verlängert werden soll. Ebenso unklar ist es, wie es an der Spitze des Aufsichtsrats weitergehen könnte. Winterkorn galt bis zu der Piëch-Kritik als gesetzter Nachfolger des VW-Patriarchen als Chefkontrolleur. Piëchs Mandat als oberster Kontrolleur läuft noch zwei Jahre.
Winterkorn stieß zum Treffen des Aufsichtsrats-Präsidiums in Salzburg. Bei den Beratungen ging es nach dpa-Informationen auch um strategische Fragen rund um den Kurs des Vorstands. So hat VW derzeit massive Probleme auf dem wichtigen US-Markt.
Mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat und den zwei Vertretern des VW-Großaktionärs Niedersachsen auf der Kapitalseite hatte sich aber nach der Piëch-Kritik eine Allianz zu Winterkorn bekannt. Der Sprecher des Porsche-Familienzweigs, Wolfgang Porsche, hatte Piëchs Äußerungen als „Privatmeinung“ bezeichnet. Die Familien Porsche und Piëch halten die Stimmenmehrheit an Volkswagen.
Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats, das über Stunden in Salzburg beriet, bereitet entscheidende Weichenstellungen des Kontrollgremiums vor und hat deshalb großes Gewicht. Das Sextett bilden: Piëch (Vorsitz), Berthold Huber von der IG Metall (Vize-Vorsitz), Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh, der Sprecher des Porsche-Familienzweigs, Wolfgang Porsche, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Osterloh-Vize Stephan Wolf.
Osterloh wertete das Festhalten an Winterkorn als wichtiges Zeichen. „Wir werden unseren Erfolgskurs mit Martin Winterkorn fortsetzen. Er ist der richtige Mann auf dem richtigen Platz“, erklärte der Betriebsratschef. Huber sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Mit Herrn Winterkorn haben wir einen hervorragenden Automobilisten und legen großen Wert darauf, dass er seine Funktion als Vorsitzender des Vorstandes auch weiterhin so erfolgreich wie bisher verfolgt.“ Die Entscheidung sei „ein gutes Zeichen“ für Belegschaft und Konzern.
Niedersachsens Regierungschef Weil sieht Winterkorns Zukunft nun trotz der einwöchigen Querelen nicht als geschwächt. „Ich finde es wichtig, dass jetzt auch Klarheit darüber besteht, dass wir an dieser Stelle Kontinuität haben werden, dass wir insbesondere auch das Vertrauen in den Vorstandsvorsitzenden haben.“
Für den Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer ist „die Schlacht“ bei VW allerdings nicht vorbei. Die geplante Verlängerung sei nur ein „Etappensieg“ für Winterkorn und ein Signal, „um zunächst einmal wieder Ruhe in den Konzern zu bringen“. Wie es mittelfristig weitergehe, müsse sich erst zeigen. „Noch ist ja kein Vertrag unterzeichnet“, sagte Dudenhöffer. „Piëch wird sich das bis dahin weiter genau angucken.“ Winterkorn sei noch immer angezählt und stehe unter genauester Beobachtung.
Aus Sicht von Branchenexperte Stefan Bratzel hängt nun vieles davon ab, wie sich der Aufsichtsratsvorsitzende künftig zum Vorstandschef positioniert: „Interessant wird sein, ob Piëch sich positiv zu Winterkorn äußert“, sagte er.
Analyst Frank Schwope von der NordLB erklärte, Volkswagen stehe wirtschaftlich gut da - wenn auch nicht sehr gut. So zeige ein Blick auf die renditestärkeren Rivalen Toyota oder Hyundai, dass es noch besser laufen könnte. Er rechne damit, dass nach der Debatte um die Unternehmensspitze im VW-Konzern „die vorhandenen Baustellen offen diskutiert und angegangen werden“.