Wortlaut: Die Atom- und Energiebeschlüsse

Berlin (dpa) - Union und FDP wollen bis spätestens 2022 den Atomausstieg vollziehen - flankiert von diversen Maßnahmen, um eine beschleunigte Energiewende zu schaffen. Der Deutschen Presse-Agentur liegen die Beschlüsse vor.

Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse des Treffens im Kanzleramt:

„Wir werden schrittweise bis Ende 2022 vollständig auf die Kernenergie verzichten. Die während des Moratoriums abgeschalteten sieben ältesten Kernkraftwerke werden nicht wieder ans Netz gehen. Das gilt ebenso für das KKW Krümmel. (...)

Dieser Weg ist für Deutschland eine große Herausforderung. Er bedeutet aber vor allem eine Chance, gerade auch für kommende Generationen. Unser Land ist Vorreiter auf dem Weg in die Energieversorgung der Zukunft.

Wir können als erste große Industrienation die Wende zu einem hocheffizienten, erneuerbaren Energiesystem schaffen. In der besten Tradition deutscher Ingenieure werden dabei neue Technologien und Produkte, neue Exportmöglichkeiten und damit Beschäftigung und Wachstum entstehen. (...)

Deutschland verfügt gegenwärtig über rund 90 GW (Gigawatt) gesicherter Leistung, davon entfallen rund 20 GW auf die Kernenergie. Die Spitzennachfrage in Deutschland liegt etwa an kalten Wintertagen bei rund 80 GW.

Die durch das Moratorium abgeschaltete Leistung und die vorher bereits vom Netz genommenen KKW umfassen 8,5 GW. Auch wenn die sieben ältesten KKW und das KKW Krümmel nicht wieder ans Netz gehen, können wir die Spitzenlast noch abdecken. Allerdings haben wir dann keinen Puffer mehr.

Die Bundesregierung nimmt den jüngsten Bericht der Bundesnetzagentur zu den Auswirkungen des Kernkraftwerks-Moratoriums auf die Übertragungsnetze und die Versorgungssicherheit ernst. Danach sind insbesondere zur Frage der Netzstabilität in Süddeutschland weitere Faktenerhebungen und Untersuchungen erforderlich. Die Versorgungssicherheit muss jederzeit und überall, auch unter extremen Bedingungen, gewährleistet sein.

Wenn über die bestehende Leistung hinaus zusätzliche Kapazitäten erforderlich werden sollten, sind zunächst fossile Reservekraftwerke in Betrieb zu nehmen. Sollten diese nicht ausreichend vorhanden sein, muss die Reservefunktion von voraussichtlich einem der sieben Kernkraftwerke, deren Berechtigung zum kommerziellen Leistungsbetrieb ausläuft, übernommen werden.

Das hierfür geeignete Kernkraftwerk, das zur Reserveleistung öffentlich in Anspruch genommen wird, ist durch die Bundesnetzagentur zu bestimmen. Diese Möglichkeit ist nur für die nächsten beiden Winterhalbjahre bis zum Frühjahr 2013 vorgesehen.

Eine schnelle Fertigstellung der im Bau befindlichen fossil befeuerten Kraftwerke, die eine Leistung von rund zehn GW haben, ist bis 2013 unabdingbar.

Außerdem brauchen wir bis 2020 einen Zubau von weiteren zehn GW an gesicherter Kraftwerksleistung. Wir wollen durch ein Planungsbeschleunigungsgesetz einen zügigen Aufbau dieser Kapazität sicherstellen.

Ein neues Kraftwerksförderprogramm der Bundesregierung wird mit Blick auf kleine und mittelständische Energieversorger aufgelegt. Auch dies trägt zu mehr Versorgungssicherheit bei.

Die Bundesregierung wird die Mittel für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung-Förderung (KWK) effizienter einsetzen, um die Energieerzeugung aus KWK-Anlagen deutlich zu stärken, und über 2016 hinaus fortsetzen.

Zwingend notwendig sind schnellere Fortschritte beim Netzausbau. Sowohl bei den Übertragungsnetzen als auch bei den Verteilnetzen müssen zahlreiche zusätzliche Leitungen gebaut werden. Hinzu kommen umfassende Erweiterungen in den Verteilnetzen.

In den letzten Jahren konnte nur ein Bruchteil der erforderlichen Leitungen fertiggestellt werden. Deswegen legen wir das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) vor, mit dem zentrale länderübergreifende Projekte schneller fertiggestellt werden. (...)

Die rund eine Million Beschäftigten in der energieintensiven Industrie leisten einen wichtigen Beitrag für die Wertschöpfung in unserem Land. Die Bundesregierung wird für energieintensive Unternehmen daher umfassende Kompensationsregeln im Energie- und Klimafonds in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro sowie gegebenenfalls auch darüber hinaus aus dem Bundeshaushalt vorsehen. (...)

Das anspruchsvolle Ziel einer 40 Prozent-Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber 1990 hat unverändert Bestand.

Den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung werden wir von heute gut 17 Prozent bis 2020 auf 35 Prozent verdoppeln.

Das neue Offshore-Wind-Programm der KfW sichert die Finanzierung der ersten zehn Offshore-Parks in Nord- und Ostsee. (...)

Die Möglichkeiten für das Repowering (Austausch alter durch neue, leistungsstärkere) von Windanlagen werden wir durch verschiedene Änderungen im Bauplanungsrecht ausweiten.

Die Entwicklung und Anwendung neuer Speichertechnologien werden wir im Rahmen der Forschungsförderung (Energieforschungsprogramm) unterstützen, um die fluktuierende Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien zu verstetigen.

Mit weiteren Maßnahmen für eine höhere Energieeffizienz, etwa ambitionierte europäische Standards für energieverbrauchende Geräte („Top-Runner-Ansatz“), werden wir den Stromverbrauch bis 2020 um zehn Prozent senken.

Wir stellen den Energie- und Klimafonds auf ein solides Fundament, indem wir alle Erlöse aus der Auktionierung der Emissionszertifikate dem Fonds zur Verfügung stellen. Ausgaben für Elektromobilität werden ebenso wie bis zu 500 Millionen Euro Strompreiskompensation für energieintensive Industrien vom Energie- und Klimafonds getragen. Damit können wir das KfW-Gebäudesanierungsprogramm mit einem Programmvolumen von 1,5 Milliarden Euro p.a. (pro Jahr) ausstatten. (...)

Die Einnahmen aus der Brennelementesteuer dienen unter anderem dem Zweck, die aus der notwendigen Sanierung der Schachtanlage Asse II entstehenden Haushaltsbelastungen zu reduzieren. (...)“