Kurzporträts Zehn potenzielle Kandidaten für den Bundesvorstand der AfD

Berlin (dpa) - Die AfD wählt an diesem Wochenende auf einem Delegiertenparteitag in Hannover eine neue Parteispitze. Öffentlich und intern wurden diese Politiker zuletzt als mögliche Kandidaten für den Bundesvorstand genannt:

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JÖRG MEUTHEN (56) arbeitete vor seinem Einstieg in die Politik als Professor für Volkswirtschaft an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl. Im Juli 2015 wurde er auf einem stürmischen Parteitag in Essen als Repräsentant des wirtschaftsliberalen Flügels zum Co-Vorsitzenden der AfD neben Frauke Petry gewählt. 2016 zog er als AfD-Spitzenkandidat in den Landtag von Baden-Württemberg ein. Später näherte sich Meuthen dem rechtsnationalen Flügel um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke an. Anfang November kündigte er seinen Wechsel von Stuttgart ins Europäische Parlament an. Meuthen will erneut für den Vorsitz kandidieren.

GEORG PAZDERSKI (66) ist Landes- und Fraktionschef der Berliner AfD. Dem Bundesvorstand gehört er bisher als Beisitzer an. Jetzt will er Vorsitzender werden. Schrille Töne sind dem ehemaligen Oberst im Generalstab der Bundeswehr genauso ein Graus wie politische Korrektheit. In einer Rede im Berliner Abgeordnetenhaus erzählte er, wie sein polnischer Vater als Jugendlicher für die Deutschen Zwangsarbeit leisten musste. In dem Vorstoß für einen Parteiausschluss von Höcke sah er im Februar eine „große Chance für die AfD, im bürgerlichen konservativ-liberalen Lager Fuß zu fassen“.

ALICE WEIDEL (38) ist Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion - gemeinsam mit Alexander Gauland. Die Ökonomin ist in einer Kleinstadt im Münsterland aufgewachsen. Nach ihrem Studium arbeitete sie unter anderem für die Investmentbank Goldman Sachs bevor sie sich als Unternehmensberaterin für Start-ups selbstständig machte. Beruflich war sie viel in China unterwegs. Weidel ist Beisitzerin im Parteivorstand. Ihr Verhältnis zum rechtsnationalen Parteiflügel gilt als angespannt, obwohl auch sie eine laute Kritikerin der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist. Im März dieses Jahres verlor sie das Rennen um den Landesvorsitz in Baden-Württemberg gegen Meuthens bisherigen Bürochef Ralf Özkara.

ANDRÉ POGGENBURG (42) galt lange Zeit als unerfahrener Rechtsnationalist im Schatten von Björn Höcke. Das hat sich im März 2016 geändert. Damals holte die AfD mit ihm als Spitzenkandidaten 24,3 Prozent der Stimmen und zog als zweitstärkste Kraft in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein. Der ehemalige Kleinunternehmer wurde Vorsitzender einer Landtagsfraktion, die nicht nur mit Tabubrüchen im Plenum auffiel, sondern auch mit internen Streitigkeiten. Trotzdem konnte Poggenburg - bisher Beisitzer im Bundesvorstand - seine Position in der Bundespartei zuletzt festigen.

ANDREAS KALBITZ (45) ist seit dem Wechsel von Alexander Gauland nach Berlin Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion in Potsdam. Als Beruf gibt er „Medienkaufmann“ an. Der frühere Fallschirmjäger gehört zum rechtsnationalen Flügel. Der sähe ihn gern im Bundesvorstand. Beim Kyffhäusertreffen des Flügels im vergangenen September warnte Kalbitz, das Ruhrgebiet drohe „ein Kalifat“ zu werden.

LEIF-ERIK HOLM (47) ist Bundestagsabgeordneter und war früher Radiomoderator. Das hört man. Der studierte Ökonom klingt immer freundlich und verbindlich. Doch unterschätzen sollte man ihn nicht. Bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion trat er gegen seine frühere Chefin Beatrix von Storch an - und gewann. Den AfD-Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern leitet Holm gemeinsam mit Dennis Augustin.

BEATRIX VON STORCH (46) ist Partei-Vize. Zusammen mit ihrem Ehemann Sven von Storch engagierte sich die Juristin schon vor Gründung der AfD als konservative Netzwerkerin - unter anderem gegen Abtreibungen. Für die AfD zog sie 2014 ins EU-Parlament ein, 2017 dann als Berliner Kandidatin in den Bundestag. Von Storch ist meinungsstark. Ihre oft sarkastischen Kommentare im Kurznachrichtendienst Twitter finden auch ihre Parteikollegen nicht immer toll. Bei der Wahl der Bundestagsfraktionsspitze musste die gebürtige Herzogin von Oldenburg hart um ihren Stellvertreterposten kämpfen.

PETR BYSTRON (45) hat wenige Wochen nach seinem Einzug in den Bundestag den Vorsitz des bayerischen Landesverbandes aufgegeben. Am vergangenen Wochenende kündigte er dann seine Kandidatur für den Bundesvorstand an. Von März bis September 2017 wurde Bystron vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet, weil er öffentlich Sympathie für die rechtsextreme Identitäre Bewegung bekundet hatte. Bystron war früher Mitglied der FDP. Er ist tschechischer Herkunft, kam im Alter von 16 Jahren nach Deutschland. O-Ton Bystron: „Ich bin ein echter Asylant.“ Iraker und Syrer, die in Deutschland Asylanträge stellen, sind aus seiner Sicht keine Flüchtlinge, weil sie vorher „in der Türkei schon in Sicherheit“ gewesen seien.

ALEXANDER GAULAND (76) gilt als gewiefter Taktiker und mächtigster Mann der AfD. Als Vorsitzender der Bundestagsfraktion hält er bereits viele Fäden in der Hand. Parteichef wollte Gauland bisher nicht werden. Er hat die AfD lieber aus der zweiten Reihe geführt. Gauland ist dem rechtsnationalen Flügel verbunden. Flügel-Gründer Höcke ist aus seiner Sicht ein „Nationalromantiker“. Für das ehemalige CDU-Mitglied Gauland ist die AfD die dritte Karriere. Als junger Politiker war er die rechte Hand des CDU-Politikers und früheren hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann. Später wurde Gauland in Potsdam Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen“. Dem AfD-Bundesvorstand gehört er aktuell als Vize an.

ALBRECHT GLASER (75) war früher CDU-Mitglied und Stadtkämmerer in Frankfurt am Main. Der AfD-Spitze gehört der Bundestagsabgeordnete aus Hessen als Stellvertreter an. In der Partei ist Glaser durch seine Arbeit als Leiter der Programmkommission gut vernetzt. Die damalige Parteivorsitzende Frauke Petry schlug ihn 2016 als Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten vor. Bei der Wahl durch die Bundesversammlung erhielt der chancenlose Glaser mindestens sieben Stimmen aus anderen Parteien. Im Oktober kandidierte er für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten und fiel dreimal durch. Die anderen Parteien begründeten ihre Ablehnung mit Äußerungen Glasers zur Religionsfreiheit und zum Islam.