Monheim Wie Stute Tildas zum Kutschpferd wurde

Monheim. · Familie Reuter betreibt eine Kaltblutzucht. Zurzeit wird Tilda zum Zugpferd ausgebildet.

Kaltblutzucht auf dem Hof bei Haus Bürgel: Katrin Reuter mit ihrer Stute Tilda, die gerade ausgebildet wird.

Foto: Anne Orthen (ort)

Tilda hängt ihren mächtigen Kopf über die Boxentüre, aus ihren großen Pferdeaugen spricht Neugier. Mit ihren drei Jahren erhielt sie das Zuchtprädikat „Staatsprämienstute“. Eindrucksvolle 700 Kilo bringt sie auf die Waage bei einem Stockmaß von 160 Zentimetern. Nun ist der Pferde-Teenager in der Ausbildung zum Kutschpferd. Zu Hause ist die Stute auf den Wiesen und im Stall von Familie Reuter auf dem Hof von Haus Bürgel – und sie sieht prachtvoll aus. Die ersten drei Lebensjahre ist für die imposanten Vierbeiner sozusagen Kindergartenzeit; da tollen sie ohne Pflichten herum. „Tilda ist nicht mehr ganz im Kindergartenalter; sie hat aber auch noch nicht ihr Abitur“, sagt Katrin Reuter lachend. Es sei aufwendig, ein Pferd auszubilden, und manchmal fehle die Zeit dafür. Bei Reuters bekommen Pferde die Zeit, die sie brauchen, um sichere Verkehrsteilnehmer zu werden. „Anspannen und losfahren geht gar nicht“, sagt Reuter.

Geduld, Vertrauen und Lob gehören zur Ausbildung

„Pferde sind Fluchttiere. Das vergessen wir manchmal, weil wir sie domestiziert haben“, erklärt die ausgebildete Landwirtin. Geduld, Vertrauen und Lob sind Grundlagen bei der Ausbildung der Vierbeiner. „Das beginnt beim Striegeln; die Tiere müssen lernen stehenzubleiben und dürfen nicht herumhampeln“, sagt Katrin Reuter. Die erste Lerneinheit beginnt am Halfter mit den Kommandos „stehen bleiben“ und „folgen“. Das freie Stehen vor der Kutsche ist die nächste Aufgabe. „Wir klappern mit dem Wagen und machen Geräusche, damit sich Tilda daran gewöhnt“, erklärt Katrin Reuter. Die Kutschfahrten erfordern Geduld und Gelassenheit – vom Fahrer wie von den ausgeglichenen Kaltblütern.

Trainiert wird in Baumberg, Urdenbach und Benrath entlang befahrener Straßen. „Manchmal hupen die Leute beim Vorbeifahren oder sie schneiden die Kutsche beim Überholen“, erzählt die 44-Jährige von Erfahrungen, auf die sie lieber verzichten würde. Mehr als früher fehle das Verständnis für Tiere, sagt sie.

Tilda darf nichts falsch machen, wenn sie mit Kutsche und menschlicher Fracht unterwegs ist. Hat sie ihre Trockenübung vor der Kutsche gemeistert, wird sie an das Zug-Gespann geschirrt. „Dann ist es gut, ein erfahrenes Pferd wie Eberhard an ihrer Seite zu haben“, erklärt Katrin Reuter. Denn mit dem Anschirren schränkt sich die Bewegungsfreiheit der Tiere ein, sie können sich nicht mehr herumdrehen.

Inzwischen hatte Tilda schon eine Übungsstunde auf der Straße, und das klappte ganz gut. Bis zum Kutschen-Abi hat sie aber noch etwas Zeit. „Die richtige Arbeit beginnt, wenn wir meinen, dass sie alle Tests bestanden hat“, erklärt Katrin Reuter. Das Vertrauen zu sich selbst und zum Pferd sei das Wichtigste für ein gutes Gespann.

Katrin Reuter hat seit ihrer Kindheit ein großes Herz für Pferde. „Mit 16 wollte ich Pferdewirtin werden, aber da sagten alle, das ist nichts Richtiges“, erzählt Reuter amüsiert. Es war genau das Richtige. Sie mag die Bewegung und den Geruch der Tiere, erkennt, ob sie gute oder schlechte Laune haben. „Wenn man auf 700 Kilo durch die Natur reitet, da spürt man die Freiheit“, schwärmt Katrin Reuter.