Chinas Premier will Monopol der Staatsbanken brechen
Peking (dpa) - Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao will das Monopol der Staatsbanken in China brechen. Mit ungewöhnlicher Deutlichkeit sprach sich der Premier auf einer Wirtschaftskonferenz in der Südprovinz Fujian für grundlegende Reformen des Bankensektors aus.
„Offen gesagt, unsere Banken machen viel zu leicht Gewinne“, zitierte ihn China National Radio am Mittwoch. „Warum? Weil eine kleine Zahl von großen Banken eine Monopolposition besetzen, was bedeutet, dass man nur dorthin gehen kann, um Kredite oder Kapital zu bekommen.“
Die Banken sollten auch für private Investoren geöffnet werden. „Das bedeutet, das wir das Monopol brechen müssen“, wurde der Premier zitiert. Er verwies auf ein Pilotprojekt in der Stadt Wenzhou in der Provinz Zhejiang, wo künftig leichter in Finanzinstitute investiert werden kann. Wenn das Vorhaben erfolgreich sein sollte, könne es auch an anderen Orten im Land eingeführt werden, sagte der Premier. Er verwies ausdrücklich darauf, dass das Zentralkomitee der Partei hinter der Idee stehe.
Auffällig war aber, dass seine Äußerungen nicht wie sonst üblich flächendeckend in allen Staatsmedien zitiert wurden. Das könnte aber an dem Totengedenktag liegen, der am Mittwoch als nationaler Feiertag begangen wurde. Einige Zeitungen griffen die Äußerungen immerhin auf und sprachen sich für weitreichende Finanzreformen aus. Die Pekinger „Xingjingbao“ meinte in einem Kommentar, die großen Staatsbanken seien in einem guten Zustand und könnten einige Risiken aushalten.
Wie viel Einfluss der bald scheidende Ministerpräsident aber überhaupt hat, um grundlegende Reformen im Bankensektor durchzudrücken, ist unklar. Der Finanzsektor wird vor allem von der Bankenaufsicht, der Zentralbank oder der Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) gesteuert. Dem Premier obliegt allerdings die Wirtschaftspolitik insgesamt.
Im letzten Jahr seiner Amtszeit scheint Wen Jiabao deutlicher als vorher noch nach grundlegenden Reformen zu rufen. Schon auf der Jahrestagung des Volkskongresses hatte Wen Jiabao politische Reformen angemahnt, um die Regierung effizienter zu machen. Seine Äußerungen können auch vor dem Hintergrund des Machtkampfes in der Parteiführung gesehen werden, der vor dem im Herbst geplanten Generationswechsel die Nation in Atem hält.
Mitte März war der einflussreiche und aufsteigende Spitzenpolitiker Bo Xilai über einen Skandal gestürzt, der die Partei in eine schwere Krise gestürzt hat. Das Vakuum durch seine Absetzung hat zu einem heftigen Tauziehen der verschiedenen Lager in der Partei geführt, wie die neue Führung jetzt aussehen soll. Beobachter gehen eigentlich davon aus, dass angesichts des Führungswechsels im Herbst vorerst keine größeren Reformen mehr gestartet werden.