DGB kritisiert ausufernde Manager-Gehälter
Berlin (dpa) - Der Aufschwung kommt an, aber längst nicht bei allen: Die auseinandergehende Lohnschere und die wieder üppig steigenden Millionengehälter der Top-Manager sind den Gewerkschaften ein Dorn im Auge.
„Im gegenwärtigen Aufschwung scheinen die Manager sich nicht nur die eigenen Taschen zu füllen, sondern sie begeben sich wieder ins Kasino“, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Mit Nachdruck forderte er, die Mitarbeiter an der wirtschaftlichen Erholung zu beteiligen.
Einer Auswertung des „Manager Magazins“ und der Berliner Humboldt-Universität zufolge nähern sich die Vorstandsgehälter der Top-Unternehmen wieder den Rekorden von 2007 an. So verdiente der Lenker eines Dax-Konzerns im vergangenen Jahr durchschnittlich 4,58 Millionen Euro. 2007 waren es demnach 4,8 Millionen Euro, im Krisenjahr 2009 lag der Jahresverdienst im Durchschnitt bei 3,64 Millionen Euro. Insgesamt bekamen die Dax-Vorstände der Auswertung zufolge 2010 rund 519 Millionen Euro, ein Plus von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Auf europäischer Ebene lag der Durchschnittsverdienst 2010 für einen Unternehmenschef im Stoxx50, der die Kurse der 50 größten europäischen Unternehmen zusammenfasst, bei 6,2 Millionen Euro (2009: 5,6 Millionen Euro; 2007: 6,9 Millionen Euro).
Gewerkschafter Matecki erinnerte daran, dass die Mitarbeiter zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise viele Opfer gebracht hätten: „Belegschaften, Betriebsräte und ihre Gewerkschaften haben durch Gehaltsverzicht, Kurzarbeit, Abbau von Arbeitszeitkonten und tarifvertragliche Regelungen mitgeholfen, die Unternehmen sicher durch stürmische See zu steuern.“ Da seien die Manager froh gewesen, „nicht alleine auf der Brücke zu stehen“. Doch nun warteten die Beschäftigten weiterhin auf reale Einkommenszuwächse.
Dagegen machen sich die guten Geschäfte der Unternehmen bei ihren Lenkern bemerkbar. In der Auswertung des „Manager Magazins“ finden sich Vertreter deutscher Konzerne unter Europas Top-Verdienern 2010 wieder. Demnach liegt der scheidende Puma-Chef Jochen Zeitz mit einem Verdienst von rund 9,8 Millionen Euro als bester deutscher Vertreter auf Rang 7 des europaweiten Rankings. Der Vergleich nimmt die Chefs im Stoxx50, im Dax und im MDax mittlerer Werte unter die Lupe. Ganz vorne steht BP-Chef Robert Dudley mit einem Jahreseinkommen von knapp 19 Millionen Euro.
Zurück zu den Vertretern deutscher Konzerne: Dicht hinter Zeitz, der demnächst zur französischen Konzernmutter PPR wechseln wird, liegen VW-Chef Martin Winterkorn (9,3 Millionen Euro, Platz 9) und Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner (8,95 Millionen Euro, Platz 11). Es folgt auf dem zwölften Rang Siemens-Lenker Peter Löscher mit 8,91 Millionen Euro. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann kommt der Auswertung zufolge auf 8,84 Millionen und belegt Platz 14. Daimler- Chef Dieter Zetsche (8,69 Millionen Euro) folgt direkt dahinter, vor RWE-Lenker Jürgen Großmann mit einem Jahressalär von 8,6 Millionen Euro auf Platz 16.
Anders als Europas Top-Manager dürfte nach Ansicht von Experten die große Masse der Beschäftigten vergeblich auf ein üppiges Plus auf dem Lohnzettel warten. „Anders als früher werden Gehaltserhöhungen sehr viel selektiver gewährt“, sagte Jens Maßmann, Vergütungsexperte der Unternehmensberatung Ernst & Young, dem „Manager Magazin“.
Mehr Geld wird es seiner Einschätzung nach vor allem für Spitzenkräfte geben. Generell sieht Maßmann eine Veränderung der Leistungskultur in Unternehmen über die Vergütungssysteme kommen: „In der Liga der Leistungsträger wird es in guten Jahren hohe Zuwächse geben. Und der Abstand zur großen Masse wird sich deutlich vergrößern.“
Dieser Weg ist nach Ansicht von DGB-Vorstandsmitglied Matecki grundfalsch: Es gehe darum, den Aufschwung langfristig abzusichern. „Dazu gehört, dass auch die Beschäftigten an der wirtschaftlichen Entwicklung endlich teilhaben, sonst droht uns bei der nächsten Krise wieder Land unter.“