DIW-Chef Fratzscher: Griechenland braucht weiteren Schuldenschnitt
Frankfurt/Main (dpa) - DIW-Präsident Marcel Fratzscher rechnet fest mit einem weiteren Schuldenerlass für das krisengeplagte Griechenland.
„Es ist klar, dass Griechenland früher oder später einen weiteren Schuldenschnitt brauchen wird“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) der dpa.
Es sei deutlich, dass die griechische Regierung immer noch nicht in der Lage ist, viele der wichtigen Reformen durchzuführen. Das gelte etwa für die Themen Privatisierung und Steuereinnahmen: „Man wird einige der gesetzten Ziele nicht erreichen.“ Das Thema komme spätestens zum Jahresende mit der nächsten Finanzierungslücke auf den Tisch.
Anders als beim ersten Schuldenschnitt im März 2012 dürften nach Fratzschers Überzeugung dieses Mal auch öffentliche Kreditgeber Geld verlieren: „Denn private Gläubiger gibt es kaum mehr.“
Fratzscher schätzt, dass bis zur Hälfte der griechischen Staatsschulden früher oder später in einer oder der anderen Form abgeschrieben werden müssen. In welcher Größenordnung das Deutschland und damit die Steuerzahler treffen wird, sei schwer zu sagen. Aber Deutschland stehe mit 27 Prozent der Eurozonen-Kredite in der Schuld. Im Frankfurter Wirtschaftspresseclub ICFW sagte Fratzscher am Montagabend: „Es ist ein zweistelliger Milliardenbetrag über die nächsten Jahre, der auf Deutschland zukommen wird.“
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) kaufte von Mai 2010 an Hellas-Staatsanleihen. Ob die Notenbank anders als beim ersten Mal an einem zweiten Schuldenschnitt beteiligt werde, sei eine schwierige Frage, sagte Fratzscher: „Die EZB hat vorrangigen Gläubiger-Status. Aber das kann man sicher lösen, zum Beispiel indem die EZB die Anleihen an den (europäischen Rettungsfonds) ESM weitergibt.“
Um Begehrlichkeiten bei anderen Euro-Krisenländern wie Portugal oder Irland zu vermeiden, müsse der Schuldenschnitt allmählich ablaufen. So könnten Laufzeiten verlängert oder Zinsen gesenkt werden, statt von Schuldenschnitt werde man von Umschuldung sprechen. Zudem seien strenge Bedingungen notwendig, um den Reformdruck aufrecht zu halten: „Ich glaube nicht, dass es einen großen Appetit dafür gibt, diesen Schuldenschnitt schnell zu machen.“