Handelsverband Deutschland Einzelhandel: In den Einkaufsstraßen fehlen die Kunden

Fast drei Viertel der Händler in den Hauptgeschäftslagen klagen über weniger Besucher. Die Stimmung des Einzelhandels ist trotzdem gut.

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Düsseldorf. Aus Deutschlands Einkaufsstraßen kommen Alarmsignale: Fast drei Viertel der Händler in den Hauptgeschäftslagen klagen über rückläufige Besucherzahlen. Sogar erste Adressen wie der Kürfürstendamm in Berlin seien in den vergangenen zwei Jahren vom Kundenschwund betroffen, berichtete Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschlands (HDE), in Düsseldorf.

Als Ursache haben die Händler nicht nur dem boomenden Online-Handel ausgemacht. Hinzu komme, dass es vielen Innenstädten an Attraktivität fehle. Hohe Parkplatzgebühren, ein in die Jahre gekommenes Erscheinungsbild und ein Mangel an Erlebnisangeboten seien Mitschuld an der Entwicklung.

Um den Trend umzukehren, will der HDE am Mittwoch mit dem Städte- und Gemeindebund eine Allianz für Innenstädte starten. „Entscheidend ist für die Kunden die gute Erreichbarkeit der Geschäfte“, sagte Genth. „Das gilt nicht nur für Auto, Bus und Bahn. Hinzu muss der schnelle und möglichst kostenfreie Zugang zum Internet kommen.“ Wichtig seien zudem die Aufwertung öffentlicher Flächen und das Ausschöpfen aller gesetzlichen Möglichkeiten für Sonntagsöffnungen.

Dass der Einzelhandel auf sehr hohem Niveau klagt, zeigen die Umsatzzahlen. Für 2016 erwartet der Verband ein reales Plus von 1,5 Prozent auf 481,8 Milliarden Euro. Das wirtschaftliche Umfeld für den Handel sei nach wie vor günstig. „Der Arbeitsmarkt entwickelt sich positiv, die Einkommen steigen und die Zinsen sind niedrig“, sagte Genth. Insgesamt schätzen die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage so positiv ein wie seit fünf Jahren nicht mehr. „Von Kaufzurückhaltung kann wirklich keine Rede sein“, so der HDE-Manager.

Üppige Zuwachsraten gibt es vor allem im Online-Geschäft, wo die Umsätze in diesem Jahr laut Prognose um elf Prozent auf gut 46 Milliarden Euro klettern werden. Obwohl die Kunden immer häufiger im Netz einkaufen, liegt der Online-Anteil am Gesamtumsatz des Handels damit aber noch unter zehn Prozent.

Sehr gut laufen die Geschäfte des Lebensmittelhandels. Dies gilt vor allem für Supermarktketten wie Edeka und Rewe. Sie profitieren davon, dass die Bundesbürger zunehmend bereit sind, zu teueren Produkten zu greifen.

Bestens ist die Stimmung auch bei den Möbelhändlern. Angesichts der extrem niedrigen Zinsen leisten sich die Verbraucher lieber eine neue Küche oder ein neues Sofa als ihr Geld zu sparen.

Weniger gut sieht es für Händler aus, die Bekleidung und Schuhe anbieten. Die klassischen Geschäfte leiden sehr unter dem Erfolg von Online-Anbietern wie Zalando. Hinzu kommt der Siegeszug von Textildiscountern wie Primark und Kik. Kleine Fachhändler sind diesem Druck oft nicht mehr gewachsen.

Laut HDE hat der Einzelhandel im vergangenen Jahr per saldo 27 000 neue Stellen geschaffen. Wegen des Mindestlohns fielen zwar Minijobs weg. Gleichzeitig legte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aber deutlich zu. Insgesamt hat die Branche hierzulande knapp unter drei Millionen Mitarbeiter.

Mit Blick auf das Lehrstellenangebot zeigt sich der Verband zuversichtlich. Die Zahl der Ausbildungsplätze werde eher weiter steigen als sinken.