Die Bahn nach Grubes Abgang Gastel: "Dobrindt ist das eigentliche Personalproblem der Bahn"
Der führende Verkehrspolitiker der Grünen im Bundestag über die Anforderungen an den Grube-Nachfolger.
Berlin. Das überraschende Ausscheiden von Bahnchef Rüdiger Grube am Montag schlägt politische Wellen. Schließlich ist die Bahn Eigentum des Bundes. Die Grünen fordern, die Neubesetzung des Chefpostens für eine bahnpolitische Wende zu nutzen, wie ihr führender Verkehrspolitiker Matthias Gastel unserem Berliner Korrespondenten Werner Kolhoff erläuterte.
F.: Bedauern Sie Grubes Abgang?
A.: Wir haben ihn als einen dialogfähigen Bahnchef kennengelernt, der leidenschaftlich für sein Unternehmen gekämpft hat. Aber er hat auch schwere Fehler gemacht, etwa sein Festhalten an der internationalen Ausrichtung der Bahn. Er hat auch notwendige Entscheidungen teilweise zu spät getroffen. Etwa die Reaktion auf die Fernbus-Konkurrenz.
F.: Ist Verkehrsminister Dobrindt mitverantwortlich für das überraschende Scheitern der Vertragsverlängerung?
A.: Ja, ganz eindeutig. Grubes Scheitern ist vor allen Dingen Dobrindts Scheitern. Dobrindt ist das eigentliche Personalproblem. Er hat keinerlei Interesse an Bahnterminen gezeigt und Entscheidungen gegen die Bahn gefällt. Zum Beispiel die Senkung der Lkw-Maut bei gleichzeitiger Erhöhung der Trassenpreise. Oder der Bundesverkehrswegeplan, der ein gigantisches Straßenbauprogramm ist.
F.: Ist das die Stunde für Ronald Pofalla?
A.: Ich hoffe nicht. Ich rate der Bundesregierung und dem Aufsichtsrat sehr, sich Zeit zu lassen bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger.
F.: Welches Profil muss der Nachfolger oder die Nachfolgerin haben?
A.: Es muss jemand sein, dem die Bahn ein Herzensanliegen ist. Damit ist Herr Pofalla bisher nicht aufgefallen. Der Bahnchef muss jemand sein, der das System Schiene in allen Facetten kennt. Das könnte jemand aus dem DB-Konzern sein, oder von einem Wettbewerber, oder jemand aus der Schweizer oder österreichischen Bahn.
F.: Was werden die wichtigsten Aufgaben des neuen Bahnchefs sein?
A.: Der Konzern muss neu aufgestellt werden. Es muss grundsätzlich geklärt werden, ob die Logistiksparte DB Schenker weiter Teil des Konzerns sein soll, wodurch der Bund derzeit mittelbar Eigentümer einer der größten Lkw-Speditionen ist.
F.: Fehlt eine klare Bahnstrategie?
A.: Es gibt überhaupt keine Bahnstrategie, nicht einmal eine unklare. Der Bund als Eigentümer muss die Voraussetzungen schaffen, dass der Schienenverkehr funktionieren kann. Dazu gehören faire Wettbewerbsbedingungen, bei denen die Schiene nicht mehr wie jetzt gegenüber Straße und Luftverkehr benachteiligt ist. Dazu gehört, dass die Infrastruktur intakt gebracht wird und Engpässe im Netz beseitigt werden. Nur dann kann das System Schiene insgesamt erfolgreich arbeiten und wieder Anteile vom Straßenverkehr zurückgewinnen. Unter den jetzigen schlechten Rahmenbedingungen wird jeder neue Bahnchef scheitern.
F.: Ist der Personalwechsel die letzte Chance, um Stuttgart 21 doch noch zu stoppen?
A.: Die Verträge für Stuttgart 21 sind geschlossen, die muss auch ein neuer Bahnchef einhalten. 2013 hätte der Aufsichtsrat die Reißleine ziehen müssen, als die bislang letzte große Preissteigerung bekannt wurde. Damals ist er seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen.