Munich Re beleuchtet Rolle während der NS-Zeit
München (dpa) - Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hat seine mehr als 100 Jahre alte Geschichte erstmals wissenschaftlich aufarbeiten lassen und dabei auch die Rolle des Unternehmens während des Nationalsozialismus untersucht.
„Wir sind spät dran“, sagte Vorstandschef Nikolaus von Bomhard bei der Vorstellung der Untersuchung in München. In dem rund 460 Seiten umfassenden Buch legen die beiden Historiker Johannes Bähr und Christopher Kopper unter anderem dar, auf welche Weise die Munich Re während der NS-Zeit von der Not der Juden profitiert hat.
„Die Münchener Rück war zwar an der Ausraubung jüdischer Versicherungsnehmer und an SS-Geschäften nicht direkt beteiligt, wohl aber indirekt, als Rückversicherer“, erklärten die Verfasser.
Dabei ging es vor allem um Stornogewinne in der Lebensversicherung: Um ihre Flucht zu finanzieren und der antisemitischen Verfolgung zu entkommen, hätten tausende Juden 1938 ihre Lebensversicherungen gekündigt. Für die Kunden sei dies mit finanziellen Verlusten verbunden gewesen, für die Erstversicherungen mit Gewinnen.
„Die Munich Re profitiert davon durch ihre Quotenbeteiligungen und erzielt so allein im Geschäftsjahr 1938/39 Gewinne in Höhe von bis zu 600 000 Reichsmark.“ In den Jahren 1938 und 1939 habe die Munich Re zudem Immobilien von jüdischen Besitzern zu Preisen unterhalb des Marktwerts aufgekauft. Damit sei die Notlage der jüdischen Eigentümer ausgenutzt worden.
Die Munich Re war am 3. April 1880 gegründet worden und ist heute mit Beitragseinnahmen von 48 Milliarden Euro und mehr als 43 000 Beschäftigten der weltweit größte Rückversicherer, bei dem sich rund 5000 Versicherungen gegen Großschäden aller Art versichert haben.