RWE startet überraschend gut ins neue Jahr
Essen (dpa) - Bei Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern RWE schmelzen trotz eines überraschend guten Starts in das Jahr 2016 die Gewinne weiter wie Butter in der Sonne.
Für das Gesamtjahr soll der um Sondereffekte bereinigte Überschuss von 1,13 Milliarden auf 500 bis 700 Millionen Euro zurückgehen, prognostizierte der Konzern am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. RWE droht eine deutliche Verschlechterung seiner Bonitätseinschätzung bei den Ratingagenturen. Die Börse feierte dennoch die guten Zahlen für das erste Quartal: Der Kurs sprang bis zum Mittag um mehr als acht Prozent in die Höhe.
Die Milliardenlasten des geplanten Atom-Staatsfonds für die Zwischen- und Endlagerung lehnt RWE als überhöht ab. „Sie (die Vorschläge) sind überfordernd, sie verkennen die tatsächliche ökonomische Lage des Konzerns“, sagte RWE-Finanzchef Bernhard Günther in einer Telefonkonferenz. RWE werde sich gegen die Forderungen wehren, notfalls auch allein, falls die drei anderen Atomkonzerne zustimmten, sagte Günther.
Der Essener Konzern kalkuliert nach Günthers Worten vorläufig mit knapp unter 5 Milliarden Euro Rückstellungen plus etwa 1,7 Milliarden Euro an Risikozuschlag, die das Unternehmen in den Fonds einzahlen müsste. Dies sei nicht akzeptabel. RWE werde die Gespräche mit dem Bund darüber fortsetzen, sagte Günther. Auf die Frage, ob RWE notfalls gegen die Pläne klagen wolle, gab der Finanzchef keine Antwort.
Im ersten Quartal verbuchte der Energiekonzern dank eines starken Handelsgeschäfts zu Jahresbeginn einen überraschenden Gewinnanstieg. Das betriebliche Ergebnis legte verglichen mit dem Startquartal 2015 um 7,1 Prozent auf gut 1,7 Milliarden Euro zu.
Dennoch rechnet RWE für das Gesamtjahr mit sinkenden Einnahmen. Das erste Quartal sei in der Energiebranche traditionell stark, so dass sich die Ergebnisse nicht eins zu eins aufs Gesamtjahr hochrechnen lassen, sagte Günther. Weitere schmerzhafte Einbußen bringe der gesunkene Großhandelsstrompreis. Das betriebliche Ergebnis sank hier auch im sonst guten ersten Quartal um ein Fünftel.
Einen Rückschlag gab es auch bei den Schulden. Sie stiegen von Ende Dezember bis Ende März um 2,8 Milliarden auf 27,9 Milliarden Euro. Das lag zum einen an einem wegen des Rückgangs der Strompreise um 1,4 Milliarden Euro gesunkenen Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft. Zum anderen schlugen sich auch die historischen Niedrigzinsen nieder. Deshalb musste der Konzern seine Rückstellungen für Pensionszahlungen an seine Rentner unerwartet stark erhöhen.
Zu Jahresbeginn hatte sich zudem der Verfall der Strompreise im Großhandel beschleunigt. Zuletzt ging es zwar wieder etwas nach oben. Dennoch liegen die Preise weit unter dem einstigen Niveau. Das liegt vor allem am Boom des Ökostroms. Bis sich der Verfall aber in den Bilanzen von RWE niederschlägt, dauert es etwas. Das liegt daran, dass der Konzern seine Stromproduktion Jahre im Voraus verkauft. Der Effekt der gesunkenen Börsenstrompreise dürfte sich also in Zukunft noch verstärken.
Als Reaktion auf die Talfahrt gliedert RWE sein Zukunftsgeschäft mit Ökostrom, Netzen und Vertrieb in eine neue Tochter aus, die bis Ende des Jahres an die Börse gehen soll. Im Mutterkonzern bleiben dann noch die Kohle-, Gas- und Atommeiler und der Energiehandel. Mit dem Schritt will sich RWE für Investoren wieder attraktiver machen und frisches Geld für Investitionen bekommen.