Siemens streicht insgesamt 9000 Jobs
München (dpa) - Siemens-Chef Joe Kaeser greift beim Konzernumbau hart durch und streicht insgesamt 9000 Jobs.
Weltweit 7800 Arbeitsplätze kostet allein die Neuausrichtung der Organisation - davon etwa 3300 in Deutschland, wie Siemens am Freitag in München nach monatelangen Spekulationen über die Auswirkungen des Umbauprogramms mitteilte.
Bereits bekannt war, dass zusätzlich in der Energiesparte rund 1200 Stellen auf der Streichliste stehen. Hintergrund ist nach Angaben aus Unternehmenskreisen eine Bedarfsanpassung. Für den Elektrokonzern arbeiten derzeit weltweit rund 343 000 Menschen, davon 115 000 in Deutschland.
Die Kürzungspläne treffen vor allem die Verwaltung. „Mit unserem Unternehmenskonzept Vision 2020 wollen wir das Unternehmen wieder auf nachhaltigen Wachstumskurs bringen und die Profitabilitätslücke zu den Wettbewerbern schließen“, erklärte der Vorstandschef.
In einem Brief an die Mitarbeiter warb Kaeser um Verständnis für die Neuordnung: „Wir machen Ernst damit, Siemens einfacher und schneller zu machen, und wir wissen, dass man noch vieles verbessern kann“, hieß es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag.
Bundesweit am stärksten betroffen ist der Standort Erlangen mit 900 Stellen. In Nürnberg sollen rund 300 Arbeitsplätze wegfallen, am Konzernsitz in München etwa 500. In Nordrhein-Westfalen geht es um rund 300 Jobs an mehreren Standorten, darunter Mülheim und Duisburg.
Die übrigen 1300 Stellen, die deutschlandweit vor dem Aus stehen, verteilen sich auf zahlreiche Niederlassungen - darunter beispielsweise auch Berlin. An diesen Standorten wird der Abbau wohl geringer ausfallen, genaue Zahlen dazu konnten vorerst aber noch nicht genannt werden.
Man werde nun zeitnah in Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern eintreten und konstruktiv nach sozialverträglichen Lösungen suchen, versprach die neue Siemens-Personalchefin Janina Kugel. Sie machte jedoch auch deutlich, dass sich wohl nicht für jeden betroffenen Beschäftigten eine neue Aufgabe finden lassen wird.
„Da sollten wir uns auch nichts vormachen. Wir werden wahrscheinlich nicht allen eine neue Stelle im Unternehmen anbieten können“, sagte Kugel in einem firmeninternen Interview. Betriebsbedingte Kündigungen sollten entsprechend geltender Vereinbarungen aber vermieden werden.
Arbeitnehmervertreter kritisierten die Abbaupläne. Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn erwartet schwierige Gespräche mit dem Konzern. „Es muss jetzt alles versucht werden, die Zahl von circa 3300 betroffenen Mitarbeitern, deren Aufgaben wegfallen, weiter zu reduzieren, indem sie woanders eingesetzt werden“, sagte sie. „Wir fordern Qualifizierung und interne Versetzungen statt Abbau. Es werden harte Verhandlungen.“
Kaeser hatte den größten Konzernumbau bei Siemens seit 25 Jahren im Mai 2014 gestartet. Die Sektoren-Einteilung des Geschäfts wurde gekippt, die Zahl der Divisionen von 16 auf 9 reduziert. Die Medizintechnik wird verselbstständigt, auch der Verkauf von Randaktivitäten wie der Hörgerätesparte oder des Anteils am Hausgerätehersteller BSH gehört zu dem Konzept.
Die internen Abläufe bei Siemens sollen gestrafft und vereinfacht werden. Geschäftlich richtet Kaeser den Konzern auf Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung aus. Zuletzt lief es für das Dax-Schwergewicht nicht rund: Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (30. September) war der Gewinn eingebrochen.
Mit den Plänen will Kaeser den Elektroriesen verschlanken und fitter für den Wettbewerb machen sowie die Kundennähe erhöhen. Zugleich sollen die Kosten um eine Milliarde Euro gedrückt werden. Die entsprechenden Einsparungen sollen in Innovationen, eine höhere Produktivität und Wachstum investiert werden.
Zunächst einmal wird der Stellenabbau Siemens aber Geld kosten. Unter anderem wegen nötiger Abfindungen stellt sich das Unternehmen auf einen mittleren bis höheren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag ein.