Apps bringen das Internet ins Auto

Frankfurt (dpa/tmn) - Bisher war das Internet im Auto meist nur für die Passagiere da. Die diesjährige IAA zeigt aber, wie Fahrzeug und Netz zusammenwachsen. Treibende Kraft sind die Smartphones und ihre App-Vielfalt.

Die Möglichkeiten für die Zukunft scheinen grenzenlos.

Es war ein langer Weg, doch das Internet ist im Auto angekommen. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt (noch bis 25. September) zeigen die großen Hersteller, wie sie Fahrzeug und Fahrer ans Netz bringen.

Beispiel BMW: Mit der aktuellen Version seines „Connected Drive“ bindet der Münchner Autobauer (Halle 11) das Smartphone ins Auto ein. Auf das Telefon wird eine App heruntergeladen, die beim Anschließen im Fahrzeug dafür sorgt, dass auf dem großen Bildschirm der Infotainment-Anlage verschiedene Dienste ausgewählt werden können, über den üblichen Drehknopf. Kurze Nachrichten zum Beispiel von Twitter werden auf dem Bildschirm angezeigt - zumindest in Deutschland ist dies erlaubt, in den USA würde es schon als unzulässige Ablenkung gelten. E-Mails kann man sich vom System vorlesen lassen. Die Rechenarbeit erledigt der Prozessor des Telefons, der Autobildschirm ist nur die Anzeigetafel.

Der Trend ist klar: Wie das Smartphone wird das Auto zur Plattform für unterschiedlichste Apps. Selbst BMW bietet inzwischen eine Kennzeichen-Suche an, mit der man zum Beispiel auf der Urlaubsfahrt kurz nachsehen kann, aus welcher Region der Vordermann kommt. Die Autohersteller wollen tunlichst vermeiden, dass die Fahrer während der Fahrt ihr Handy zücken und die Sicherheit gefährden. Die große Chance liegt darin, die Informationen aus dem Netz zum Beispiel in die Navigation einzubinden. So werden mit Hilfe von Echtzeit-Daten zum Verkehrsfluss, erzeugt meist aus anonymisierten Handy-Bewegungen, die aktuell schnellsten Routen berechnet.

Die gehobenen Infotainment-Systeme fanden sich bisher meist in teuren Fahrzeugen, doch inzwischen geht der Trend zur Demokratisierung. So bringt Ford bringt im Frühjahr seine zusammen mit Microsoft entwickelte Plattform SYNC nach Deutschland - im Focus, der wie der Golf zur Kompaktklasse gehört. Mercedes (Halle 2) baut die neue Version seines Systems Comand mit Google-Suche und Facebook-Einbindung in die C-Klasse ein.

Bei Comand muss man für die Suchbegriffe oder Fahrziele die Buchstaben noch einzeln mit dem Drehrad heraussuchen. Audi (Halle Agora) lässt die Fahrer bei seinem System Connect in einigen Modellen wie dem A8 auf einem Touchpad malen. Das sei sicherer, weil man dafür nicht die Augen von der Straße nehmen müsse. In der nächsten Version soll das Touchpad direkt in den Auswahl-Drehknopf integriert sein. Wie bei Comand von Mercedes zeigt Audi Connect auch Panoramabilder von Google Streetview.

Inzwischen komme eine neue Generation ins Autokäufer-Alter, für die das Internet und vor allem Online-Netzwerke eine riesengroße Rolle spielten, sagt ein Branchenexperte. Entsprechend werde das Internet im Auto mehr als früher zum Faktor beim Autokauf.

Bei Zulieferern kann man schon einmal einen Blick in die Zukunft werfen. So zeigt der Hannoveraner Branchenriese Continental (Halle 5.1) eine Studie, die in drei bis fünf Jahren in Serienfahrzeugen auftauchen könnte. Das Armaturenbrett wird von zwei großen Bildschirmen dominiert, einer vor dem Fahrer, der andere dort, wo heute die Radio-Anzeige ist. Die Monitore sind dreigeteilt und zeigen etwa Geschwindigkeit, die Navi-Anweisungen oder die Informationen des Radios an. Die Plattform heißt „AutoLinq“ und läuft mit dem Google-Betriebssystem Android.

Auf einem weiteren Bildschirm gibt es ein App-Karussell, mit dem man festlegen kann, welches Programm an welcher Stelle angezeigt wird. Der Kunde werde wahrscheinlich höchstens eingeschränkten Zugriff darauf bekommen, heißt es bei Conti. Vielleicht werde man aber einiges in der Werkstatt ändern lassen können. Auf jeden Fall werde das Auto mit dem Smartphone oder Tablet kommunizieren können, zum Beispiel um mitzuteilen, dass die Batterien einen vorgegebenen Ladezustand erreicht haben.

Der Unterhaltungselektronik-Spezialist Harman International zeigt auf seinem ersten IAA-Stand (Halle 8) ein ähnliches Cockpit mit zwei Bildschirmen, ein Manager schränkt aber ein, dass es sich nur um eine Ideen-Studie handele. In der Harman-Vision sind die Bildschirme nicht fest eingeteilt, sondern ändern sich frei, von einer großen Anzeige der Geschwindigkeit und Navigationsanweisungen bis hin zu kurzen Videoclips wenn man etwa 15 Sekunden an einer Ampel steht.

Ford (Halle 9) verwirklichte seine Vision vom vernetzten Auto in der Studie Evos, die permanent mit der Internet-Wolke kommuniziert. Zum Beispiel könne das Auto die Verkehrsdaten abfragen und den Wecker im Haus früher oder später klingeln lassen, je nachdem, ob sich ein Stau ankündigt oder freie Fahrt möglich ist.