Beim Parken übernimmt der Autopilot

München (dpa/tmn) - Nachdem die ersten Testfahrten erfolgreich absolviert wurden, scheint der Autopiloten fitter für den Autoalltag denn je. Bis der Computer im Pkw tatsächlich das Steuer übernimmt, wird es aber noch dauern.

Doch beim Rangieren führt er längst die Regie.

Nein, Nico Kämpchen ist nicht lebensmüde. Dass der junge Mann bei 120 km/h auf der Autobahn plötzlich die Hände vom Lenkrad nimmt und den Dingen minutenlang ihren Lauf lässt, hat einen ganz anderen Grund. Der Autopilot hat übernommen. Kämpchen ist Projektleiter bei BMW und verantwortet dort die Forschung am autonomen Fahren. So wie sein Prototyp hier auf der A9 schon heute, sollen nach seiner Vision irgendwann einmal alle Autos alleine ihren Weg finden.

Technisch möglich wird das autonome Fahren mit Hilfe von Radar-, Laser- und Kameraaugen, die Straße und Verkehrsteilnehmer stets beobachten. So schnell werde dieser Autopilot allerdings nicht in Alltagsfahrzeuge eingebaut, dämpft Kämpchen voreilige Erwartungen: „An eine Serienentwicklung ist noch gar nicht gedacht. Stattdessen wollen wir mit diesem Projekt für andere Assistenzsysteme lernen und den Fahrer in einzelnen Situationen noch besser unterstützen.“

Doch in einer speziellen Situation darf der Computer schon maßgeblich übernehmen: beim Einparken. Hunderttausende Fahrschüler bringt das Manövrieren in Lücken immer wieder ins Schwitzen. Dabei reicht in manchem Auto längst ein Knopfdruck, und schon rotiert das Lenkrad wie von Geisterhand - das Auto hat das Kommando übernommen. Bei den meisten Herstellern gibt mittlerweile entsprechende Assistenz-Systeme. „Während die Elektronik den Kurs vorgibt, muss der Fahrer nur noch Gas geben und bremsen“, erläutert Ford-Sprecher Hartwig Petersen die Funktionsweise des entsprechenden Gimmicks im neuen Focus. Dem Focus reiche eine Lücke, die 20 Prozent länger ist als das Auto selbst.

500 und 1000 Euro extra kosten solche Einparkautomaten. Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenorganisation KÜS in Losheim am See findet die Investition lohnenswert: „Denn ein Parkrempler wird leicht viel, viel teurer“, so der Experte. „Entweder man hat eine dicke Rechnung für das Lackieren des eigenen und des gegnerischen Autos am Bein. Oder man riskiert eine schlechtere Einstufung bei der Versicherung.“

Die Entwickler sind schon einen Schritt weiter: Forscher bei BMW und VW haben Systeme vorgestellt, mit denen das Auto sich auch ohne Fahrer in die passende Parktasche bugsiert. Angesicht enger Lücken, in denen es für den Fahrer beim Aussteigen zu eng werden könne, ergäben derartige Systeme Sinn, findet ein VW-Ingenieur. Und auch das Ausparken wurde nicht vergessen: Will der Fahrer wieder losfahren, drückt er erneut den Knopf auf der Fernbedienung: Der Motor startet, der Wagen rangiert von selbst.

Wann die Technologie serienreif ist, verrät bei VW und BMW noch keiner. Große technische Herausforderungen sieht VW-Forschungschef Jürgen Leohold jedoch nicht mehr: „Die nötigen Sensoren, die elektrische Lenkung und die Steuerung für Gas und Bremse haben wir längst an Bord.“

Dass die Autohersteller dem Computer das Feld eher zögerlich überlassen, liegt nicht allein an den letzten, vielleicht noch fehlenden Entwicklungsschritten und dem engen Korsett der Zulassungsvorschriften. Auch die Kunden sind offenbar nicht bereit und werden kaum für solche Systeme tief in die Tasche greifen. Einer GfK-Umfrage in Auftrag des Internetportals AutoScout24 zufolge, lehnt die Hälfte aller Autofahrer den Einsatz eines Autopiloten derzeit noch ab.

24 Prozent der knapp 1500 für die Studie befragten Autofahrer möchten nicht auf den Fahrspaß verzichten, und 27 Prozent stehen der Technik eher skeptisch gegenüber. Knapp ein Drittel möchte die freie Wahl haben und je nach Situation entscheiden. Lediglich 17 Prozent befürworten den Autopiloten uneingeschränkt. Offenbar sei der Autopilot in der Wahrnehmung der Befragten immer noch Science Fiction, fasst Thomas Weiss vom Auftraggeber der Umfrage die Ergebnisse zusammen. „Für die Zukunft bedeutet das, dass ein Autopilot einen deutlichen Vorteil bieten muss, wie das Kolonnenfahren auf der Autobahn, damit er auch akzeptiert wird.“

Die Forscher von Universitäten und Entwicklungszentren ergehen sich tatsächlich auch in Science Fiction: Das elektrische Stadtfahrzeug EN-V von General Motors beispielsweise, das vor gut einem Jahr als Vision vorgestellt wurde, behelligt die Insassen gar nicht mehr mit der Parkplatzsuche, wie Forschungschef Christopher Borroni-Bird sagt: Der Insasse lasse sich einfach beim Restaurant absetzen: „Und während das Fahrzeug alleine zur Ladestation in der Tiefgarage surrt, sitzt der Fahrer bereits bei der Vorspeise.“