Geschrumpfte Geländegänger: Kleine SUVs im Kommen

Tokio/Los Angeles (dpa/tmn) - So schlecht ist es um die Straßen auch wieder nicht bestellt: Als wären die Autobahnen Geröllfelder, wollen immer mehr Menschen einen Geländewagen. Die Industrie trägt der Entwicklung mit vielen neuen Modellen Rechnung - auch eher kleinen.

Der Trend zum Geländewagen ist ungebrochen: „Kein anderes Segment hat in den letzten Jahren so konstant zugelegt“, sagt der Chef des Analyseinstitutes Jato Dynamics in Limburg, Nick Margetts. Warum diese Liebe der Deutschen zum hochbeinigen Fahrzeug? Auch darauf hat der Marktforscher eine Antwort: „Sie sind mittlerweile genauso praktisch wie Kombis, sehen aber cooler aus. Und selbst den Verbrauchsnachteil haben die Hersteller in den Griff bekommen.“

Die Hersteller schlachten diesen Trend aus. Dabei haben sie eine Marktnische aufgestemmt: Nachdem die großen Geländewagen wegen ihres Gewichts und des hohen Verbrauchs in Verruf geraten waren und die kompakteren wie ein VW Tiguan nichts Neues mehr sind, drängen vermehrt kleine Kraxler zu den Händlern. Für Jato-Manager Margetts ist das nur logisch: „Hier gibt es noch nicht so viel Konkurrenz, und viel Kritik haben so kleine Fahrzeuge auch nicht zu erwarten. Selbst der Allradantrieb scheint heute generell verzichtbar.“

Musste man früher tief in die Tasche greifen, sind Geländewagen auch wegen des vereinfachten Antriebs heute ein vergleichsweise preisgünstiges Vergnügen. Los geht es zum Beispiel mit Fahrzeugen wie dem Dacia Duster bereits ab 11 190 Euro. Der Fiat Panda 4x4 steht vor dem Generationswechsel mit 13 890 Euro in der Liste, den Suzuki Jimny gibt es für 14 990 Euro, und der Skoda Yeti steht für 19 000 Euro beim Händler. Und wenn es etwas mehr Lifestyle sein soll, steht ab 15 690 Euro der Nissan Juke als kleines SUV-Coupé beim Händler.

Und der Reigen geht weiter: Der jüngste Entwurf kommt von VW. Auf der Motorshow in Tokio (3. bis 13. Dezember) zeigten die Niedersachsen gerade das Cross Coupé, das mit 4,35 Metern etwas kürzer als der VW Tiguan ist. Es hat zwar vier Türen, sieht aber deutlich sportlicher aus als ein konventioneller Geländewagen.

Angetrieben wird die Studie laut VW von gleich drei Motoren: Im Bug arbeiten ein Benziner mit 110 kW/150 PS und ein Elektromotor mit 40 kW/54 PS, die alleine oder gemeinsam auf die Vorderachse wirken. Ist Allradantrieb vonnöten, schaltet sich ein Elektromotor mit 85 kW/115 PS an der Hinterachse zu. Bis zu 201 km/h schnell, verbraucht das CrossCoupé im Normzyklus 2,7 Liter (CO2-Ausstoß: 64 g/km). Rein elektrisch fährt es bis zu 45 Kilometer weit.

Während VW nur wenig Hoffnung auf eine schnelle Serienumsetzung macht, geht Opel weiter: „Im Frühjahr zeigen wir zum ersten Mal einen kleinen Geländewagen auf Basis des Corsa“, sagt ein Pressesprecher in Rüsselsheim. Premiere feiern solle der kleine Bruder des Antara auf dem Genfer Autosalon im März. Kurz darauf könne man ihn kaufen. Ebenfalls beschlossene Sache ist nach Angaben von Fiat in Turin auch die Allradversion des neuen Panda.

Bei Audi übt man sich noch in Gedankenspielen: Nach Q7, Q5 und Q3 ist ein Q1 nicht unwahrscheinlich, zumal Entwicklungsvorstand Michael Dick für den A1 gerade eine Version mit Allradantrieb angekündigt hat, der als technische Basis herhalten könnte. Aber eine offizielle Bestätigung für ein kleines SUV aus Ingolstadt gibt es nicht.

Selbst Porsche folgt dem Trend zu kleineren Autos: Zwar wird es so schnell keinen wirklich kleinen Geländewagen aus Zuffenhausen geben. Aber immerhin hat Porsche-Chef Matthias Müller wiederholt einen kleinen Bruder des Dickschiffs Cayenne bestätigt: „Die Arbeiten unter dem Projektnamen Cajun gehen nach Plan, und 2013 werden wir das Auto präsentieren.“

Und im Segment der kompakten Geländewagen ist weitere Bewegung: Dem Branchenprimus Tiguan wollen im kommenden Jahr ein halbes Dutzend neue Allradler ans Leder. So hat Ford auf der Autoschau in Los Angeles gerade den neuen Espace enthüllt, der mit größerem Format und kleinerem Verbrauch im Sommer als zweite Generation des Kuga auch nach Europa kommt. Honda stellt für den Genfer Salon die nächste Auflage des CR-V in Aussicht, den man als US-Modell ebenfalls schon in Los Angeles sehen konnte.

Mazda startet im Frühjahr mit dem CX-5. Und die Franzosen versuchen es mit einem Zwillingspärchen: Abgeleitet vom Mitsubishi ASX bringt Peugeot den 4008 und Citroën den C4 Aircross. Beide Autos feiern ihre Weltpremiere den Herstellern zufolge ebenfalls in Genf und sollen noch vor dem Sommer an den Start gehen.

Auch wenn den kleinen Kraxlern eine große Zukunft vorausgesagt wird, sterben die großen Geländewagen nicht aus. Im Gegenteil: „Auch in der Allrad-Oberliga wird es im nächsten Jahr reichlich Nachschub geben“, sagt Nick Margetts. Er spielt damit auf Premieren wie den nächsten Range Rover von Land Rover an oder die zweite Auflage des GL von Mercedes, die beide 2012 ihren Einstand geben. Aber auch bei den großen Geländewagen beginnt ein Umdenken: „Mit Leichtbau und Hybridantrieb wollen sie aus der Kritik fahren und ihren Kundenstamm behalten“, sagt Margetts.