Konkurrenz für den Golf: Neue Kompaktautos in Genf

Genf (dpa/tmn) - Sie kommen von oben und von unten: Aus allen Richtungen nimmt die Konkurrenz mit ihren Autos auf dem Genfer Autosalon den VW Golf in die Zange. Dabei ist der Bestseller aus der Kompaktklasse in den Messehallen am Lac Léman (fast) gar nicht vertreten.

„A steht für Angriff“. Selten hat sich Mercedes-Chef Dieter Zetsche so kampfeslustig gegeben, wie beim Debüt der neuen A-Klasse auf dem Genfer Autosalon (Publikumstage 8. bis 18. März) mit diesem Ausspruch. Bislang spielen die Schwaben in der Kompaktklasse nur eine Nebenrolle. Doch nun wollen sie sich mit ihrem neu aufgelegten Einstiegsmodell ein größeres Stück vom Kuchen sichern.

„50 Prozent der Kunden wollen wir von der Konkurrenz erobern“, sagt Zetsche. Dabei zielt er zunächst auf direkte Konkurrenten der sogenannten Premiumhersteller, also den Audi A3 und den 1er BMW, ab. Doch alles, was kompakt gebaut ist und rollt, muss sich auch an einem anderen Auto messen lassen: dem VW Golf. Er ist der Prüfstein für jedes Modell zwischen 4,00 und 4,50 Meter. Schließlich führt der ewige Bestseller das Segment seit seinem Debüt 1974 ununterbrochen an - nicht umsonst hat sich der Begriff Golfklasse eingebürgert.

Ein „jugendlicheres Design“ der flacheren Karosse, sparsamere und dennoch kräftigere Motoren sollen es bei Mercedes nun richten. Zudem bekommt die A-Klasse eine neue Infotainment-Ausstattung - das iPhone von Apple kann eingebunden werden - und die Preise sollen wettbewerbsfähig gestaltet werden. „Wir halten das Niveau des Vorgängers“, lautet die unverbindliche Ansage aus Stuttgart. Erst kurz vor dem Marktstart im September will man konkreter werden. Viel mehr als die bislang als Basispreis anfallenden 21 000 Euro dürfte der neue Einstiegs-Benz also nicht kosten.

Daimler-Chef Zetsche mag zwar angriffslustig sein. Aber die Abwehr steht. BMW hat erst vor einem Jahr den 1er erneuert, und Audi enthüllte nun in Genf die dritte Auflage des A3. Anders als die A-Klasse ist der Kompakte aus Ingolstadt außen zwar eher eine Evolution als eine Revolution - sprich: Es hat sich optisch nicht viel getan. Doch das Ambiente im Innenraum sei vornehm wie nie zuvor, und die Ausstattung so umfangreich wie nie, sagt Produktmanager Heiko Pabst von Ohain: „Selbst in unserem Flaggschiff A8 gibt es fast nichts, was man nicht auch für den neuen A3 bekommen könnte.“ Ab Sommer ist der A3 lieferbar, das Basismodell wird im Winter nachgereicht zum Startpreis von 21 600 Euro.

Ob das reichen wird, um dem Konzernbruder Golf auf die Pelle zu rücken? Selbst Papst von Ohain winkt mit Blick auf den jahrelangen Siegeszug des Golf ab. Der Konkurrenz aus dem Premiumsegment sieht er jedoch gelassen entgegen. Dort spielt neben BMW und Mercedes auch Volvo eine Rolle. In Genf enthüllte die schwedische Marke den V40.

War das Coupé C30 nur ein Exot mit eingeschränkter Alltagstauglichkeit, ist der V40 ein praktischer Fünftürer mit großer Heckklappe. Im September soll er zu Preisen um 25 000 Euro in den Handel kommen - ist also teurer. Doch mit Neuerungen bei der Sicherheitsausstattung wollen die Schweden punkten: So hat der V40 als erstes Auto einen Fußgängerairbag, der beim Unfall unter der Motorhaube hervorquillt. Außerdem wurde das „City Safety System“ verbessert, so der Hersteller. Es vermeidet jetzt bis Tempo 50 drohende Auffahrunfälle und erkennt Autos und nun auch Fußgänger.

Während Volvo, Audi und Mercedes dem Golf von oben zu Leibe rücken, bedrängen den VW Golf einige Importmarken aus der anderen Richtung: Vor allem die Koreaner zielen auf den Klassenprimus, wenn sie nun die zweite Generation der Schwestermodelle Hyundai i30 und Kia Cee'd einführen. Beide Autos sind eleganter geworden, und sie haben nun intelligentere Assistenzsysteme sowie sparsamere Motoren. Beide kämen im besten Fall auf 3,7 Liter Diesel pro 100 Kilometer und einen CO2-Ausstoß von 97 g/km, vermelden die Hersteller.

„In den letzten Jahren haben sich Hyundai und Kia konsequent an VW heran gearbeitet und viele europäische Importmarken längst abgehängt“, lobt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer die Asiaten. Hinzu komme der günstige Preis: Der i30 kostet in der Basisversion 15 850 Euro, der Cee'd nach Informationen aus Unternehmenskreisen ab rund 14 000 Euro. Den günstigsten Golf dagegen gibt es erst ab 16 975 Euro.

Los geht es bei den Koreaner mit Fünftürern nach dem Zuschnitt des Golfs. Aber genau wie VW fächern sie ihr Modellprogramm zügig weiter auf: In Genf stehen schon die Kombiversionen von i30 und Cee'd, die in wenigen Monaten nachgereicht werden. Dazu gesellt sich noch ein drittes Auto aus Fernost: der in Korea produzierte Cruze der US-Marke Chevrolet. In Genf parkt er ebenfalls erstmals als Kombi. Auch aus der eigenen Familie gibt es neue Konkurrenz für den Golf. So hat die spanische VW-Schwester Seat die nächste Generation des Toledo dabei - wenn auch nur als seriennahe Studie. Marktstart: noch in diesem Jahr.

Vom Golf gibt es in Genf dagegen nicht viel zu sehen: Dort zeigt VW vom Klassenprimus lediglich die Version GTI Cabrio mit 155 kW/210 PS. Golf Nummer sieben, den neuen also, sparen sich die Wolfsburger für den Pariser Salon im Herbst auf. Ein VW-Sprecher bemerkt: „Dann werden die Karten in der Kompaktklasse ohnehin neu gemischt.“