Selbsthilfewerkstatt: Selber schrauben kann teuer werden
München (dpa/tmn) - Wer sich über hohe Werkstattkosten ärgert, denkt beim nächsten Mal vielleicht auch über eine Kfz-Selbsthilfewerkstatt nach. Was erst einmal nach einer günstigen Alternative klingt, kann aber auch richtig teuer werden.
Das Internet hält heute alle Informationen zum Öl-, Bremsen- oder Glühlampenwechsel bereit. Da gerät man schnell in Versuchung, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, um Geld zu sparen. Und auch vor neuen Autos mit komplizierter Elektronik schrecken die Hobbyschrauber nicht zurück. „Bei uns werden nicht nur alte Autos repariert, sondern auch viele neuere“, bestätigt Hakim Rahimi von der Auto Selbsthilfe Ahrensburg. Die Elektronik sei keine große Hürde, denn die Werkstatt ist auch mit einem Diagnosegerät ausgestattet.
Auch Kfz-Meister Kai Brunnemann aus Hamburg hat auf seinen zehn Hebebühnen ein gemischtes Publikum und Autos in allen Preis- und Altersklassen. „Es wird alles gemacht, vom kompletten Motorwechsel bis zum neuen Fahrwerk.“ Die Werkstatt verfügt über einen Bremsenprüfstand, hat jede Woche den TÜV im Haus und hält viele Ersatzteile vor.
Allerdings sind nicht alle Selbsthilfewerkstätten gleich gut ausgestattet und bieten denselben Service. „Die Qualität ist sehr unterschiedlich und hängt maßgeblich von der Qualifikation und dem Engagement des Betreibers ab“, sagt Johannes Hübner vom Automobilclub von Deutschland (AvD). Denn Selbsthilfewerkstätten müssen nicht an einen Kfz-Betrieb angeschlossen sein. „Man muss auch keinen Meisterbrief besitzen, um so eine Werkstatt zu betreiben“, erklärt Ansgar Klein vom Bundesverband Freier Kfz-Händler (BVFK).
Zudem sollte der Vermieter von Hebebühne und Werkzeug wissen, wo sein Service endet, sonst gerät er schnell in die Haftung. Brunnemann sagt: „Ich stelle nur Werkzeug und Bühne zur Verfügung, lege aber nicht selbst Hand an.“ Was der Kunde mit dem Auto mache, liege nicht in seiner Verantwortung. „Es gibt Kunden, die haben zwei Jahre eine Autozeitung gelesen und meinen dann, alles zu wissen und zu können.“
Eine Einstellung, die teuer werden kann. Denn wer selbst schraubt, ist auch verantwortlich, wenn etwas schief geht. „Grundsätzlich dürfte eine Selbsthilfewerkstatt in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung weitgehend ausgeschlossen haben“, sagt Eva Maria Holst, Fachanwältin für Verkehrsrecht in Hamburg.
Entstehe ein Schaden durch eine mangelhafte Bühne oder ein defektes Mietwerkzeug, hafte der Vermieter. „Baut der Nutzer aber trotz richtiger Empfehlung etwas falsch ein, kann er die Werkstatt nicht in die Verantwortung nehmen“, erklärt Juristin Holst. Gibt der Betreiber nicht nur Tipps, komme es auf den Einzelfall an. Und: „Liefert der Betreiber Ersatzteile, haftet er zwar für Schäden am verkauften Teil, nicht aber für Schäden, die beim Einbau entstanden sind.“
Die können durchaus gravierend sein, wenn etwa infolge einer mangelhaften Reparatur ein Unfall passiert. „Dann übernimmt die Haftpflicht zwar den Schaden am gegnerischen Fahrzeug, die Kasko aber wird nicht bezahlen“, warnt ADAC-Expertin Hartung. „Wenn jemand sein Fahrzeug selbst repariert, trägt er in aller Regel auch für alle aus dieser Reparatur resultierenden Schäden selbst die Verantwortung“, bringt es Holst auf den Punkt.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sieht die Hobby-Schrauberei naturgemäß kritisch. „Fahrzeugreparaturen sollten im Sinne der Verkehrssicherheit von dafür ausgebildeten Fachleuten in Kfz-Meisterbetrieben durchgeführt werden“, so ZDK-Sprecher Ulrich Köster. Und AvD-Mann Hübner meint: „Selbsthilfewerkstätten sind etwas für ambitionierte Laien, die bei Reparaturen Geld sparen möchten. Speziell Arbeiten an Motor und Antrieb aber bedürfen einer entsprechenden Diagnosestruktur - hier sollte sogar abgeraten werden.“ Häufig seien es aber auch Mitarbeiter aus dem Kfz-Gewerbe, Motorsportler und Oldtimer-Fans mit Sachverstand, die Mietbühnen in Anspruch nehmen. „Generell halten wir Selbsthilfewerkstätten für eine nach wie vor wichtige Ergänzung der Reparaturmöglichkeiten.“