Smartphone lernt fahren - Google und Apple erobern die Autos
Berlin (dpa/tmn) - Das Smartphone ist ein mobiler Alleskönner: MP3-Player, Navigationsgerät, Terminplaner, Adressbuch und Kommunikationszentrale, die das Surfen im Internet ermöglicht und das Senden und Empfangen von E-Mails.
Aus dem Alltag sind die Geräte nicht mehr wegzudenken.
„Die Leute sind die Nutzung ihrer Smartphones so gewöhnt, dass sie diese Funktionalität in alle Bereichen des Alltags einbauen wollen“, sagt Timm Lutter vom IT-Verband Bitkom. Auch im Auto wollen sie nicht mehr auf die gewohnte Musiksammlung, auf Nachrichten- oder Navi-Apps verzichten. Die Autohersteller richten sich darauf ein.
„Es gibt zwei Ansätze fürs Infotainment im Auto“, sagt Axel Kossel von der Fachzeitschrift „c't“: Ein fest verbautes System des Autoherstellers mit Navi und Internet oder, man verstehe das Handy als „austauschbares Teil dieses Infotainmentsystems“, so Kossel. Der Vorteil dabei: „Man kann das Handy einfach austauschen, wenn es veraltet ist“, sagt Kossel.
Ebenso rasant ändern sich auch die Bedürfnisse der Nutzer. „Die logische Konsequenz ist also, dass man das Smartphone ins Auto bringt“, so Lutter. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Systeme: Apple Carplay, Android Auto und MirrorLink. Während erstere die Schnittstellen-Standards der Unternehmen sind, von denen auch die Betriebssysteme für die Smartphones kommen, also Google und Apple, sei MirrorLink ein Sonderfall. „Da haben sich diverse Autohersteller zusammengetan, um einen eigenen Standard zu entwickeln“, so Kossel.
Vom Prinzip her ist die Funktionsweise bei allen Systemen gleich. Es handelt sich um Schnittstellen, mit deren Hilfe sich Inhalte vom Smartphone auf den Bildschirm des Infotainmentsystems im Auto spiegeln lassen. „Man kann es dann über den Touchscreen, einen Drück-Dreh-Steller oder die Lenkradtasten bedienen“, erläutert Kossel die Funktionsweise. Die jeweilige App aber, die Rechenleistung, die Internetverbindung, all das kommt vom Handy. „Die Intelligenz kommt vom Smartphone“, bringt Kossel es auf den Punkt.
Grundvoraussetzung um eine der Schnittstellen überhaupt nutzen zu können, ist ein aktuelles Smartphone. Bei Apple ist Carplay ab dem iPhone 5 integriert, bei Android muss mindestens die Version 5.0 des Betriebssystems laufen. MirrorLink wird nur von bestimmten Telefonen unterstützt. „Da kommt man nicht umhin, in die Liste der kompatiblen Geräte zu schauen“, sagt Kossel. Derzeit stehen da in erster Linie einige aktuelle Modelle von HTC, Samsung und Sony drauf.
Das größere Hindernis ist aber das Auto. Zwar haben fast alle Hersteller angekündigt, zumindest Apple Carplay und Android Auto in ihre Fahrzeuge zu integrieren, doch dieser Prozess ist noch in Gange. Bei Volkswagen sind die ersten Modelle zu haben, die neben Android Auto und Carplay auch MirrorLink unterstützen, bei der Hauptmarke VW, wie auch bei Seat oder Audi. Mercedes hat jüngst Carplay in der A-Klasse vorgestellt. An der Integration von Android Auto werde noch gearbeitet, sagt ein Sprecher.
Bei Opel halten die beiden Schnittstellen gerade bei Karl, Corsa und Astra Einzug. Volvo hat sie für das große SUV XC90 im Angebot, Ford will sie neben der eigenen anbieten. Hyundai hat sie in den USA schon im Sonata im Programm, in hiesigen Modellen aber noch nicht. Bei Porsche ist der geliftete 911, der noch dieses Jahr auf den Markt kommt, das erste Modell, das Carplay unterstützt, Android Auto hingegen ist nicht geplant.
Bei BMW schaut man sich noch die Entwicklung an. „Wir haben auf Apple Carplay in der jetzigen Version bewusst verzichtet, weil wir für unsere Kunden noch keinen Mehrwert sehen“, sagt Sprecherin Silke Brigl. Von den gebotenen Funktionen hänge es ab, ob Carplay oder Android Auto integriert würden. Bei Toyota hat man sich unterdessen entschieden, komplett auf eine eigene Schnittstelle zu setzen, Apple und Android kommen also nach derzeitigem Stand nicht.
Wer kein neues Auto kaufen will, findet im Zubehörmarkt nur wenige Angebote, die Carplay oder Android unterstützen. Pioneer und Alpine bieten Geräte für knapp 400 und etwa 600 Euro an. „Wichtig dabei ist der Doppel-DIN-Schacht im Auto, nur dann passen die Geräte“, erläutert Kossel.