Wie Krankheiten Autofahrer beeinträchtigen

Frankfurt am Main (dpa/tmn) - Schwächelnde Augen, Diabetes und Bluthochdruck: Wer sich mit gesundheitlichen Problemen ans Steuer setzt, gefährdet den Straßenverkehr. Allerdings können Betroffene selbst schwer einschätzen, ob sie fit genug fürs Autofahren sind.

Topfit werden Höchstleistungen erbracht. Was für Sportler gilt, gilt auch für Autofahrer. Im Umkehrschluss heißt das: Gesundheitliche Probleme können die Fahrtüchtigkeit einschränken und damit die Verkehrssicherheit gefährden. Augenleiden fallen dabei besonders ins Gewicht - vor allem nachts. „Schon gesunde Augen kommen bei Dunkelheit an ihr Limit“, erklärt Hannelore Hoffmann-Born von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM).

Ist ein Fahrer noch vergleichsweise jung, können Sehschwächen in der Regel mit einer Brille oder Kontaktlinsen ausgeglichen werden, so Hoffmann-Born. Doch mit steigendem Alter verschärfen sich die Augenprobleme: Dann drohen Einschränkungen, die medizinisch nicht mehr kompensiert werden können.

„Im Alter erhöht sich die Blendempfindlichkeit“, nennt Hoffmann-Born ein Beispiel. Betroffene können Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge nicht mehr klar wahrnehmen, sondern nur mit einem Lichthof - im Extremfall ähnlich wie beim Blick durch eine Milchglasscheibe. Hinzu kommen laut der Medizinerin typische Altersleiden wie der Graue Star oder Beeinträchtigungen an Hornhaut, Linse oder Glaskörper. Solchen Defiziten kann nur mit Einsicht begegnet werden: Wer um sein Leiden weiß, sollte noch defensiver als ohnehin empfohlen fahren oder auf Nachtfahrten ganz verzichten. Laut ADAC besteht bei rund einem Drittel der über 70-Jährigen auch ohne erhöhte Blendempfindlichkeit keine Fahreignung mehr bei Dunkelheit.

„Ich fahre seit Jahren unfallfrei“ - solche Argumente gesundheitlich eingeschränkter Fahrer will Hoffmann-Born nicht gelten lassen. Das Augenlicht lasse im Alter meist schleichend nach. „Man merkt selbst nicht, dass man immer schlechter sieht“, sagt sie. Deshalb sei trotz Erfahrung am Steuer die medizinische Prophylaxe alternativlos: Ein Augenarzt kann zum Beispiel feststellen, ob ein Patient in der Dämmerung noch gut genug sieht. Oder ob die Wahrnehmung von Farben gestört ist, was man Protanopie und Protanomalie nennt. Denn wenn der rote Schein von Bremslichtern nicht gleich ins Auge fällt, werden Auffahrunfälle wahrscheinlicher.

Almut Schönermarck, Verkehrsmedizinerin beim ADAC, fordert deshalb wie Hoffmann-Born regelmäßige Sehtests: Bis zum 50. Lebensjahr sollten Autofahrer alle zehn Jahre beim Augenarzt vorstellig werden, danach alle zwei Jahre und ab 60 sogar jedes Jahr. Zurzeit ist das noch ein reiner Appell an die Vernunft jedes Einzelnen, denn der Pkw-Führerschein wird in Deutschland auf Lebenszeit ausgestellt. Die einmalige Vorlage der Bescheinigung einer amtlich anerkannten Sehteststelle vor der Prüfung reicht für die eine unbefristete Fahrerlaubnis aus.

Neben schlechten Augen können noch andere Gesundheitsprobleme Autofahrer in Gefahr bringen. Und die sind oft schwerer festzustellen als eine Sehschwäche - selbst für Mediziner. Die ADAC-Expertin erklärt: „Ein Hausarzt ist meist überfordert bei der Frage, wann ein Patient nach einem Krankenhausaufenthalt - etwa wegen eines Herzinfarkts - wieder fahren darf.“ Außerdem wüssten Ärzte oftmals nichts von ihrer Pflicht, Patienten bei der Behandlung über mögliche Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit aufzuklären.

Auf Aufklärung angewiesen sind auch Autofahrer, die unter Diabetes mellitus, psychischen Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Problemen und weiteren Erkrankungen leiden, sagt Hoffmann-Born. Auch dadurch sei die Fahrtüchtigkeit unter Umständen eingeschränkt: Zuckerkranke können plötzlich am Steuer bewusstlos werden, wenn sie während der Fahrt unterzuckern. Einige psychische Erkrankungen haben eine verstärkte Tagesschläfrigkeit zur Folge. Manische Patienten könnten durch Selbstüberschätzung für andere Verkehrsteilnehmer zur Gefahr werden.

Ob und wie sich Krankheitssymptome verbessern lassen, um die Fahrtüchtigkeit wiederherzustellen, können am besten Verkehrsmediziner sagen, so Schönermarck. Einige Medikamente helfen durchaus, das Verkehrsrisiko durch Bluthochdruck, Diabetes oder psychischen Erkrankungen zu minimieren. Schönermarck empfiehlt Ratsuchenden, sich bei den örtlichen Führerscheinstellen nach entsprechenden Fachleuten zu erkundigen.

Generell ist aber bei der Einnahme von Medikamenten Vorsicht geboten: Viele gebräuchliche Arzneien können die Fähigkeiten am Steuer einschränken, warnt Hoffmann-Born. Patienten sollten die Packungsbeilage aufmerksam lesen und sicherheitshalber einen Arzt oder Apotheker um Rat fragen. Werden mehrere Mittel gleichzeitig eingenommen, sind die Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit allerdings auch für Experten meist nur schlecht absehbar.