Flutlicht statt Funzel Wie sich das Fahrradlicht gewandelt hat
Göttingen (dpa/tmn) - Aus der Dunkelheit heraus düst plötzlich ein Radler in den Kegel der Autoscheinwerfer. Jetzt voll auf die Bremse - und durchatmen: Das war knapp! Der Radler ohne Licht verschwindet im Nichts.
Situationen wie diese haben viele Menschen schon erlebt.
Und sie sind gefährlich - vor allem für den Radler. Zwar gilt die Vorschrift, dass beim Überholen innerorts 1,50 Meter und ab Tempo 90 sogar zwei Meter Abstand zu Fahrradfahrern zu halten ist. Gerade im Dunklen aber müssen Radler bereits von weitem erkennbar sein, „damit sie diesen Schutzraum auch für sich behaupten können und nicht erst in letzter Sekunde erkannt werden“, erklärt Charly Höß, Koordinator Verkehr im Bund Deutscher Radfahrer (BDR).
Was müssen Fahrräder mitbringen? Die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ist da eindeutig: Räder müssen einen weißen Scheinwerfer vorn und eine rote Schlussleuchte haben, sagt Jens Dötsch von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das Rücklicht muss mindestens 25 Zentimeter über der Straße montiert sein. Und an Heck, Pedalen und Speichen sind Reflektoren anzubringen.
Mit den alten, funzeligen Glühbirnen war es früher allerdings nicht so gut möglich, genug Licht herauszuholen. Das Halogenlicht seit Anfang der 1990er Jahre war ein Schritt nach vorne. Ein Manko aber blieb der Seitenlaufdynamo, der einen schlechten Wirkungsgrad wegen hoher Reibungsverluste hat. Außerdem ist das Radeln mit Dynamo am Reifen anstrengender, und er kann bei Nässe und Schnee durchrutschen. Erst der witterungsunabhängige, immer mitlaufende Nabendynamo löste Ende der 1990er Jahre diese Probleme. Wer auf ihn umrüsten will, muss einen Laufradwechsel vornehmen. Den bieten Händler als Komplettset mit Dynamo, Vorder- und Rücklicht an. Sets für 99 Euro sind unterer Standard, vernünftige Qualität kostet eher 200 Euro.
Das LED-Licht brachte einen weiteren Sprung nach vorne und viel mehr Lichtleistung. Die neuesten Modelle kommen auf mehr als 100 Lux und brennen etwa 100 000 Stunden lang. Bei Halogenleuchten seien es nur 50 bis 100 Stunden, sagt Fehlau. Außerdem bieten sie schon beim Anfahren mit geringerer Stromzufuhr früh eine hohe Lichtausbeute.
Moderne Anlagen bieten heute Komfort wie beim Auto, zum Beispiel eine Sensorautomatik: Das Licht schaltet sich bei Dunkelheit oder in einem Tunnel automatisch ein und später auch wieder aus. Auch Tagfahrlicht mit separaten, diffus leuchtenden LEDs ist zu bekommen. Einige Scheinwerfer können per USB-Anschluss unterwegs das Handy oder Navi mit Dynamostrom laden. Scheinwerfer, die das alles können, kosten etwa 180 Euro. Es geht aber günstiger, sagt Fehlau: „Gute Rücklichter mit LED-Technik beginnen bei circa 20, Scheinwerfer bei 35 Euro.“
Seit August 2013 sind Dynamos nicht mehr Pflicht am Fahrrad, was auch Akku-Beleuchtung zulässt. Das ist vor allem für Rennradler oder Mountainbiker interessant. Laut StVZO dürfen Räder mit weniger als elf Kilogramm Gewicht zwar auf zusätzliche Reflektoren etwa an Pedalen oder Speichen verzichten, aber eine Beleuchtung müssen auch sie immer dabei haben. „Da gibt es ganz einfache LED-Sets für vorne und hinten zum Anklemmen für unter zehn Euro, die sich Radler in die Jacke oder das Trikot stecken können“, sagt Höß. Radler mit schwereren Rädern können zwar ebenfalls klemm- und steckbare Akku-Beleuchtungen nutzen, müssen aber auch alle vorgeschriebenen Reflektoren vorweisen können.
Noch nicht alle Radler verhalten sich vorbildlich: Er sei „noch nicht ganz zufrieden mit den sportlichen Fahrern“, sagt BDR-Experte Höß. „Das ist schade, denn ähnlich wie beim Helm-Aufsetzen hat es Vorbildcharakter, wenn gerade sie in der Dämmerung mit Beleuchtung fahren. „Ein gutes Rennrad zum Beispiel beginnt bei etwa 3000 Euro. Da sollte man nicht an den paar Euros für die Beleuchtung sparen.“