Youngster im Oldie - Kindersicherung in Autoklassikern

München (dpa/tmn) - Eine Ausfahrt mit dem Oldtimer ist eine herrliche Sache - vor allem mit Freunden und Verwandten an Bord. Für Kinder kann eine solche Spritztour aber gefährlich oder sogar verboten sein.

Denn passende Sitze sind in den Autos nicht selbstverständlich.

Oldtimer sind ein Hobby, das nicht bloß die ältere Generation erfreut. Viele Familienväter würden ihre Kinder am liebsten gleich nach der Geburt mit ihrem Liebhaberfahrzeug vom Krankenhaus abholen. Doch die Klassiker sind in der Regel nicht so sicher wie moderne Fahrzeuge. Airbags und ABS fehlen, meist mangelt es schon an den Gurten. Und können überhaupt Kindersitze im Oldtimer befestigt werden? Mit ein paar praktischen Lösungen lässt sich der Nachwuchs sicher chauffieren.

„Auch wenn Oldtimer-Piloten defensiv und nur selten fahren, so ist dies noch keine Garantie für deren Sicherheit“, sagt Oldtimer-Experte Johann König vom ADAC in München. Falls es doch einmal zu einer Gefahrensituation oder einem Unfall kommen sollte, brauchen insbesondere Kinder einen speziellen Schutz.

Viele Oldtimer haben aber keine Sicherheitsgurte. Diese wurden für Fahrer und Beifahrer erst 1974 Pflicht. Die Hersteller mussten nur Autos nachrüsten, die nach dem 1. April 1970 zugelassen worden waren. Ab 1979 galt die Gurtpflicht auch für die Rücksitze. Volvo war der erste Hersteller, der schon ab 1959 serienmäßig Dreipunktgurte in den PV544 und kurz darauf in den Amazon einbaute. Andere Hersteller zogen nach und bauten Befestigungspunkte für Gurte in ihre Fahrzeuge.

„In Oldtimern, die nicht mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, dürfen Kinder unter drei Jahren nicht mitfahren“, erläutert König. Und wer zwischen vier und zwölf Jahre alt und kleiner als 1,5 Meter ist, muss laut Paragraf 21 der Straßenverkehrsordnung auf dem Rücksitz fahren. Sollen die ganz Kleinen mitfahren, ist also eine vorschriftsmäßige Haltevorrichtung ein Muss.

„In vielen Fällen lassen sich Gurte im Fond auch dann nachträglich einbauen, wenn es der Hersteller nicht vorgesehen hat“, sagt Matthias Gerst vom TÜV Süd. Oft müssen dafür aber Umbauten an der Karosserie vorgenommen, Löcher gebohrt oder Platten zur Verstärkung eingeschweißt werden. Der TÜV erkenne solche Einbauten an, ohne den Originalzustand des Fahrzeugs infrage zu stellen, der für das H-Kennzeichen erforderlich ist, erläutert der Oldtimer-Fachmann. Voraussetzung: Die Veränderungen wurden fachgerecht erledigt.

Das Nachrüsten von Gurten sei eine einfache, aber effektive Lösung, um den Nachwuchs sicher im Oldtimer transportieren zu können, urteilt Andreas Scheuer, Parlamentarischer Staatsekretär der CSU und Initiator des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut. Er hat auch in seine eigenen Klassiker Gurte einbauen lassen. „Beim Triumph TR 4, Baujahr 1965, war es schwierig, er hat Beckengurte und keine Dreipunktgurte bekommen, aber da muss man Kompromisse machen.“ Der Sicherheitsaspekt sei vielen bewusst, hat Scheuer beobachtet. „Wenn ich bei Oldtimer-Rallyes in die Autos schaue, sehe ich, dass die Teilnehmer darum wissen und nachrüsten.“

Sind die Gurte montiert und vom TÜV abgenommen, fehlt noch der passende Kindersitz. „Die handelsüblichen Kindersitze können mit einem Dreipunktgurt befestigt werden wie in zeitgenössischen Fahrzeugen auch“, erklärt Henry Görlitz von der Stiftung Warentest, die regelmäßig Kindersitze prüft. „Jedoch sollte man vor dem Kauf des Sitzes immer ausprobieren, ob er im Oldtimer auch richtig passt.“ Der Kindersitz muss außerdem der ECE-Norm R44 03 oder 04 entsprechen. Die Preise liegen zwischen 50 und 300 Euro.

Schwieriger wird es beim Isofix-System, bei dem zwei Extra-Ösen im Fahrzeug befestigt werden. Nicht jeder Sitz jedes Herstellers ist für jedes Fahrzeug zugelassen. Eine Übersicht gibt die Unfallforschung der Versicherer in ihrer Isofix-Liste.

Manch einem Freund historischer Fahrzeuge mutet das Konstrukt auf dem Rücksitz aber womöglich optisch zu modern an. Wem das Design nicht gefällt, der kann den Kindersitz mit einem Stoff beziehen lassen, der zu seinem Oldtimer passt. Letztlich muss also kaum ein Oldtimer-Fahrer bei der Ausfahrt auf seine Kinder verzichten.

Eine große finanzielle Hürde ist der Einbau von Gurten jedenfalls nicht. In der Regel ist die Nachrüstung für eine niedrige dreistellige Summe zu haben. Nur der passende Bezug des Kindersitzes im historischen Look könnte noch etwas darüberliegen.

Etwas ausgenommen sind extrem alte, möglichst originalgetreue Oldtimer, bei denen der restaurierungsethische Aspekt eine wichtige Rolle spielt - etwa Vorkriegsfahrzeuge. Da sehe die Sache anders aus, sagt Scheuer. „Das ist aber nicht die Masse der Oldtimer, und sie legen auch keine hohen Kilometerleistungen zurück.“ Hier schmerzt die Verletzung der historischen Substanz den Besitzer meist sehr. An musealen Modellen Hand anzulegen, ist daher wenig sinnvoll. Für den Transport von Kindern kommen diese Fahrzeuge aber ohnehin kaum in Frage.

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