Deutscher Schwund in NHL: „Made in Germany“ ist out

Boston (dpa) - „Made in Germany“ ist derzeit out in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Die Exportnation Deutschland hat offenbar Lieferschwierigkeiten in Sachen Kufencracks.

In Dennis Seidenberg (Boston Bruins), Christian Ehrhoff (Buffalo Sabres), Marcel Goc (Florida Panthers) und Thomas Greiss (Phoenix Coyotes) stehen in der neuen Saison nur noch vier Deutsche auf dem NHL-Eis - in der Saison 2007/08 waren es noch doppelt so viele. Mittlerweile sind bei den NHL-Managern beispielsweise Schweizer (9) oder selbst Dänen (6) beliebter als Eishockey-Importe aus Deutschland.

„Das ist ein bisschen schade, aber es gibt viele junge Deutsche in den hiesigen Juniorenligen. Vielleicht gibt es für einige die Chance, es nach ganz oben zu schaffen“, sagte Dennis Seidenberg der Nachrichtenagentur dpa. Der Verteidiger ist ein Paradebeispiel für jemanden, der sich in Nordamerika durchgebissen hat. Bei der Draft 2001 wurde er erst in der sechsten Runde an 172. Stelle von den Philadelphia Flyers ausgewählt. Mittlerweile zählt der Schwarzwälder zu den besten Defensivleuten der Liga. Das weiß auch sein Verein und hat deshalb am Donnerstag den im Juni endenden Vertrag für 16 Millionen Dollar vorzeitig um vier Jahre verlängert.

„Verteidiger wie Dennis sind schwer zu finden. Seine Art, Eishockey zu spielen ist genau der Bruins-Stil. Er ist für uns so wichtig gewesen, ein echter Krieger“, lobte Manager Peter Chiarelli. „Schön, dass es geklappt hat. Das Team ist hervorragend aufgestellt, die sportlichen Aussichten sind gut und Boston ist eine sehr gute Eishockeystadt“, sagte Seidenberg. Er gewann 2011 als zweiter Deutscher nach Uwe Krupp den Stanley Cup und verpasste mit Boston im Frühjahr gegen die Chicago Blackhawks nur knapp den zweiten Meistertitel.

Ehrhoff hingegen wird wohl in naher Zukunft keine Chance haben, zum zweiten Mal nach dem Cup zu greifen. 2011 verlor er mit den Vancouver Canucks gegen Seidenbergs Bruins die Endspielserie. Anschließend unterschrieb der schussstarke Verteidiger einen Zehn-Jahres-Vertrag in Boston über 40 Millionen Dollar und war mit einem Gehalt von zehn Millionen Dollar in der Saison 2011/12 der am besten bezahlte Defensivspieler der Liga. Doch sportlich war der Weg an die Niagara-Fälle bislang für ihn ein Abstieg. Nachdem in der Vorsaison die Playoffs erneut verpasst wurden, gab der Club Leistungsträger wie Kapitän Jason Pominville, Robin Regehr oder Jordan Leopold ab - und holte im Gegenzug fast nur Nachwuchsspieler.

„Wir befinden uns im Umbruch“, sagte Ehrhoff und machte aus seiner Enttäuschung kein Geheimnis. Er sei nach Buffalo gekommen, damit er um den Titel mitspielen könne. Aber dies sei wohl demnächst erstmal nicht drin, so Ehrhoff. Viele Fragezeichen gibt es auch beim Team von Goc. Die Florida Panthers waren in der Vorsaison Schlusslicht. Dank Goc gelang diesmal zumindest der Saisonstart. Der Nationalstürmer traf beim 4:2-Sieg bei den Dallas Stars doppelt. Dennoch gilt sein Verein nur als Außenseiter.

Ausgerechnet in der Wüste von Arizona hofft Greiss endlich auf seinen NHL-Durchbruch. „Ich bin immer noch überzeugt davon, dass ich das Zeug habe, die Nummer eins zu werden“, betonte der Schlussmann gegenüber dpa. Bei den San Jose ist er jahrelang über die Rolle des Ersatzmannes nicht hinaus gekommen. Und auch in Phoenix beginnt Greiss als Nummer zwei hinter Mike Smith, wenn auch mit berechtigten Aussichten auf mehr Eiszeit in dieser Spielzeit.

Hinter dem deutschen NHL-Quartett hoffen rund 30 Landsleute auf die Beförderung in die beste Eishockey-Liga der Welt. Für einige wie Korbinian Holzer (Toronto Maple Leafs) oder Alexander Sulzer (Buffalo) ist sie relativ nah. Sie spielen vorerst in den Farmteams der NHL-Clubs, wissen aber, dass der Anruf von oben schnell kommen kann. Andere hingegen lernen in den kanadischen und amerikanischen Juniorenligen erst einmal das im Gegensatz zu Deutschland höhere Tempo und körperbetontere Spiel.

Als größtes Talent gilt Leon Draisaitl. Der 17 Jahre alte Sohn von Ex-Nationalspieler Peter Draisaitl stürmt für die Prince Albert Raiders in der Western Hockey League (WHL), eine der drei höchsten kanadischen Junioren-Ligen. Es gilt als sicher, dass Draisaitl bei der Draft 2014 von einem NHL-Team in der ersten Runde auswählt wird - Experten sehen ihn gar unter den Top 5. Somit wäre er der am höchsten gedraftete deutsche Spieler und würde Olaf Kölzig (19. Stelle) ablösen.