Abtauchen in die Post-Apokalypse: „Fallout 4“ im Test

Berlin (dpa/tmn) - Es gibt Computerspiele, die nur ein paar Stunden dauern. Es gibt andere, die etwas länger fesseln. Und es gibt die Rollenspiele von Bethesda. Was Umfang und spielerische Freiheiten angeht, sind Titel wie „Skyrim“ und „Fallout 3“ schon seit Jahren in ihrer eigenen Liga.

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Das gilt auch für das gerade erschienene „Fallout 4“. Doch leider hat das Spiel von seinen Vorgängern nicht nur die Tugenden, sondern auch einige Mängel geerbt.

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Wie die Vorgänger der Serie spielt „Fallout“ in einer alternativen Version der USA. Die gesellschaftliche Revolution der 60er Jahre hat hier nie stattgefunden. Stattdessen herrscht auch im Jahr 2077 das Heile-Welt-Klima der 50er Jahre - nur mit Robotern als Hausdiener und Fusionsreaktoren als Energiequelle fürs Auto. Doch dann eskaliert der kalte Krieg mit China und Atomraketen verwüsten große Teile der Erde.

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An dieser Stelle beginnt „Fallout 4“, springt aber sofort weit in die Zukunft. Denn die Hauptfigur - Geschlecht und Aussehen sind frei wählbar - hat den Krieg tiefgefroren in einem Schutzbunker überlebt. Gut 200 Jahre später erwacht der Protagonist in einer veränderten Welt: Städte und Dörfer sind entvölkert, in den kahlen Wäldern hausen Monster, und die wenigen noch lebenden Menschen haben sich in kleinen Siedlungen verschanzt oder Räuberbanden angeschlossen.

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In diesem Chaos macht sich der Spieler auf die Suche nach seinem entführten Sohn. Schon nach kurzer Zeit begegnet er dabei den Machenschaften eines mysteriösen „Instituts“ und seinen Androiden, die von echten Menschen nicht zu unterscheiden sind. Die Anleihen bei Filmen wie „Blade Runner“ sind in „Fallout 4“ kaum zu übersehen, die Mischung aus Science Fiction und Krimi funktioniert aber sehr gut.

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Man kann der Story starr folgen, muss dies aber nicht. Auch sonst gibt es genug zu entdecken. Denn rund um die Haupthandlung sind serientypisch noch zahlreiche andere Missionen zu erledigen und Orte zu erkunden. Hier gibt es auch eine große Dosis des absurd-schwarzen „Fallout“-Humors, der im dem Spiel sonst etwas zu kurz kommt.

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Ganz neu in „Fallout 4“ ist die Möglichkeit, eigene Siedlungen zu errichten und zu verwalten. Die Aufgaben reichen dabei vom Hausbau über Landwirtschaft, Strom- und Wasserversorgung bis zur Konstruktion von Verteidigungsanlagen. Allerdings wird im Spiel nicht besonders gut erklärt, wie das alles genau funktionieren und was man eigentlich davon hat. Die etwas zu komplizierte Bedienung tut da ihr übriges.

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Ansonsten spielt sich „Fallout 4“ sehr gut und vor allem besser als Teil 3. Schießereien laufen nun fast so ab wie in anderen Shootern - egal ob aus der Ego- oder der Schulterperspektive. Gelungen ist auch das stark vereinfachte Dialog-System, in dem zum ersten Mal auch die Hauptfigur eine Sprechrolle hat. Inszenierung und Aufbau der Gespräche hat sich Bethesda offensichtlich bei Konkurrenten wie „Mass Effect“ abgeschaut. Schade nur, dass sich die Entwickler bei der Gelegenheit nicht auch die übersichtlichen Menüs für Ausrüstung, Missionen und Co. ausgeliehen haben.

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Ein Highlight ist dagegen der Schauplatz: „Fallout 4“ spielt in der US-Metropole Boston und deren Vororten - beziehungsweise dem, was davon übrig ist. Viele Sehenswürdigkeiten stehen noch, spielen aber eine ganz andere Rolle. Im Baseball-Stadion Fenway Park ist eine Siedlung entstanden, in der historischen Altstadt wimmelt es von Mutanten, auf dem „Freedom Trail“ arbeiten Roboter als Fremdenführer.

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Leider verderben technische Fehler den Streifzug durch das post-apokalyptische Boston. „Fallout 4“ ist zwar nicht so von Bugs betroffen wie „Fallout 3“ oder „Fallout: New Vegas“ - Charaktere, die gegen Wände laufen, plötzlich abreißende Gespräche und Grafikfehler gibt es trotzdem. Auch das ist leider Tradition bei Rollenspielen von Bethesda. Es ist zunehmend unverständlich, dass die Entwickler ihre Technik nach all den Jahren noch immer nicht im Griff haben.

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„Fallout 4“ ist für den PC, Xbox One und Playstation 4 erschienen. Die PC-Fassung ist dabei klar die beste Wahl. Denn selbst auf einem Mittelklasse-Rechner für unter 1000 Euro läuft das Spiel oft besser als auf den Konsolen. Die virtuelle Apokalypse steht für rund 60 Euro für Spieler ab 18 in den Läden. Das liegt nicht nur an der gruseligen Atmosphäre und dem Blut, das in Kämpfen oft in Strömen fließt. Jenseits von Gewalt und Horror beschäftigt sich „Fallout 4“ manchmal ernsthaft, manchmal satirisch mit vielen erwachsenen Themen. Jüngere Spieler könnte das überfordern. Volljährige können im zerstörten Boston aber viele spannende Winterabende erleben.