Die wenigsten Menschen wissen mit elf Jahren, was sie später beruflich machen möchten. Und bei manchen Menschen entscheidet sich das eher durch Zufall. Bei Alexander Schuster war es so. Er ist Buchhändler und Teamleitung bei der Buchhandlung Nettesheim in Cronenberg. „Es ist wirklich ein Genuss. Wie ich immer sage, es ist für mich keine Arbeit, sondern es ist für mich Berufung, es macht einfach unglaublich Spaß, dort zu arbeiten. Einfach großartig“, sagt er im Podcast-Interview mit der Westdeutschen Zeitung.
Dabei begann er erst spät, sich für das Lesen zu begeistern. An seiner ehemaligen Schule, der städtischen Hauptschule in Wermelskirchen, gab es ein Leseförderprojekt. Die Kinder sollten Bücher lesen und diese dann einmal im Monat vorstellen. Einer engagierten Lehrerin damals sei das aber zu wenig gewesen und sie beschloss, eine lokale Buchhändlerin mit ins Boot zu holen. Die hat mit der Schule kooperiert und den Schülern Bücher zur Verfügung gestellt, die damals für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert waren. „Dann hatten wir die Idee, wir könnten doch einen eigenen Preis kreieren. Und daraus ist dann 2004 der erste Wermelskirchner Kinder- und Jugendliteraturpreis entstanden. Die Basis war eben der Deutsche Jugendliteraturpreis. Also das waren die gleichen Titel, die da nominiert waren“, erzählt er. „So hat sich die Leidenschaft fürs Lesen entwickelt“.
Nach der Schulzeit sei er zunächst etwas ziellos gewesen, verlor das Lesen und die Literatur aus den Augen – eine Zeit der beruflichen Orientierung. Er absolvierte Praktika, ein Freiwilliges Soziales Jahr, fing eine Ausbildung in der Pflege an, die er nach einem Jahr abbrach. Dann sprach ihn eine Tante darauf an, dass eine lokale Buchhandlung in Wermelskirchen einen Azubi suchte. Und dann ging es Schlag auf Schlag und im Jahr 2018 war er ausgebildeter Buchhändler. Seit dem 1. Januar 2022 ist er Teamleiter in der Buchhandlung Nettesheim und fühlt sich in Cronenberg pudelwohl, mit dem Team, mit den Kunden. Diese werden mit Namen begrüßt, man kennt die Geschmäcker und Vorlieben.
„Das ist eine ganz große Stärke, dass wir eben die Kunden sehr gut kennen. Und das hilft auch beim Bücherkauf“, berichtet er. Wenn er und sein Team neue Titel auswählt, haben sie oft den ein oder anderen Kunden im Kopf, dem das Werk gefallen könnte. „Nettesheim ist definitiv eine literarische Buchhandlung. Das heißt, wir haben, was das Sortiment angeht, auch sehr viel Literarisches mit dabei“, so Schuster. „Das ist bei uns genau die richtige Mischung.“ Natürlich seien die Bestseller in den Regalen zu finden, die Titel, die quasi überall zu finden seien. Viele Kunden kauften diese Werke, „aber eben auch besondere Sachen, die eben nicht jede 08/15-Buchhandlung bietet. Und das zeichnet uns als Buchhandlung aus.“ Die Cronenberger Leser seien „definitiv literarisch“ unterwegs, hat der Buchhändler beobachtet. „Das ist dann durchaus gehobenere Literatur“. Wermelskirchen und Cronenberg seien zwar ähnlich dörflich, die Literaturgeschmäcker aber sehr unterschiedlich, findet Schuster. „Und das habe ich von Anfang an gemerkt. Ich musste mich wirklich, was das Nettesheim-Programm angeht, richtig reinfuchsen“, erzählt er. Aber genau diese kleineren, vielleicht weniger bekannten Verlage seien das Besondere. „Die haben dann besondere Titel, die man entdecken kann.“