Analyse: Neue Xbox One soll Microsoft im Spiel halten

Redmond (dpa) - Ein Gerät, das (fast) alles kann: Die neue Xbox One wird von Microsoft nicht nur als die Spielekonsole der nächsten Generation beworben, sondern vor allem auch als smarte Multimediazentrale.

Filme, Fernsehen, Videokonferenzen mit Freunden und Verwandten: Die Xbox One soll einen zentralen Platz im Wohnzimmer einnehmen. An die neue Konsole knüpft Microsoft-Chef Steve Ballmer die feste Erwartung, dass sie seinem Unternehmen weiterhin spürbare Erfolge jenseits des klassischen Personal Computers verschaffen wird.

Microsoft macht derzeit zwar gute Geschäfte mit Business-Software und Angeboten rund um den Internet-Cloud-Dienst Azure. Doch die Absatzzahlen von Windows-PCs sind zuletzt regelrecht eingebrochen. Und die jüngsten Versuche des Konzerns, in der Post-PC-Ära durchzustarten, waren bislang nur mäßig erfolgreich.

Mit seinem Smartphone-System Windows Phone konnte der Konzern nach Zahlen einiger Marktforscher zuletzt immerhin Blackberry von Platz drei verdrängen. Doch zum Google-System Android und dem iPhone von Apple klaffen immer noch riesige Lücken.

Ein Marktanteil von knapp über drei Prozent für Windows Phone kann Ballmer nicht zufriedenstellen. Und im explosionsartig wachsenden Markt der Tablet-Computer hat Microsoft von seinen Surface-Geräten bislang auch nur knapp zwei Millionen Stück abgesetzt - ein Bruchteil der Verkaufszahlen von Apple oder Google-Partnern wie Samsung oder Lenovo.

Verglichen mit Windows Phone und dem Windows-Tablet ist die Xbox dagegen eine regelrechte Erfolgsstory. In der Konzernzentrale in Redmond hat man bereits die schwierige Anfangsphase vergessen, in der Microsoft mit der Xbox zunächst Milliarden-Verluste in den Quartalsberichten stehen hatte.

Seit Anfang 2008 schreibt die Games-Division von Microsoft nun regelmäßig Gewinne. Und zumindest in den USA führt die Xbox seit 28 Monaten die Verkaufshitparade bei den Konsolen ununterbrochen an.

Eigentlich könnte Microsoft mit dem Erfolg der Xbox also zufrieden sein. Doch im Wettbewerb geht es längst nicht mehr nur um den klassischen Wettstreit mit der Playstation von Sony oder der Wii von Nintendo.

Auch im Gaming-Markt spielen Tablet-Computer und Smartphones inzwischen eine wichtige Rolle, zumindest was die kleineren Spiele zum Zeitvertreib angeht. Und für die sogenannten „Casual Gamer“ reicht ein Spiel wie „Angry Birds“ auf dem Smartphone oder Tablet Computer meist völlig aus.

Mit der neuen Xbox One, die vermutlich erst zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt kommen wird, setzt Microsoft nun neue Schwerpunkte. Diese waren auch bei der Präsentation der Konsole auf dem Firmencampus in Redmond zu spüren. Das neue Gerät kam bei den Beobachtern vor allem als Multimedia-Zentrale an, mit der man auch spielen kann - und nicht als Spielekonsole, die auch Multimedia beherrscht.

Dabei sollen die Anwender beim Medienkonsum auf der Xbox One auch von Innovationen aus dem Game-Bereich profitieren. So kann man über die stark verbesserte Sprach- und Gestenerkennung Kinect einen beliebigen Fernsehkanal mit Sprache aufrufen. Kinect ist kein optionales Zubehör mehr, sondern wird bei der Xbox One gleich mit ausgeliefert.

Ob die Konsole in Deutschland wie in den USA auch mit verschiedenen Kabel-, Satelliten- und Internet-TV-Anbietern funktionieren wird, muss sich noch zeigen. Es spricht aber viel dafür, dass Microsoft den bedeutenden deutschen Medienmarkt nicht links liegen lassen wird.

In den USA setzt Microsoft nun besonders auf populäre Sportarten und den Erfolg von Blockbustern wie „Halo“. So sollen Xbox-Anwender bei Live-Übertragungen der Football-Spiele der NFL die aktualisierten Ergebnisse ihrer Tipp-Spiele einblenden können. Star-Regisseur Steven Spielberg wird das Action-Spiel „Halo“ in eine TV-Serie umsetzen, die auch interaktive Element enthalten soll.

Im Wettstreit mit Sony zeichnet sich nun ab, dass die neue Playstation 4 im Vergleich zur Xbox One stärker als Gerät für die hartgesottenen Spiele-Fans positioniert wird. „Es großes Segment der Hardcore-Gamer mag wirklich die Sony-Plattform“, sagte Brian Blau, Research Director beim Marktforschungsunternehmen Gartner, der dpa.

Die Funktionen der Playstation 4 seien mit denen der Xbox One in etwa vergleichbar. „Im Kern geht es um die Content-Lieferanten und Spiele-Entwickler und um die Frage, welche Plattform sie langfristig bevorzugen.“

Der deutsche Microsoft-Manager Oliver Kaltner verspricht jedenfalls, die „bisherige hervorragende Zusammenarbeit mit den Anbietern von Inhalten auszubauen“. Ob es zwei oder wie bisher drei veritable Ökosysteme geben werde, entscheide allein der Markt. „Wir sind allerdings sicher, dass die Xbox eines dieser Systeme sein wird.“