Analyse: Wie geht es weiter mit Apple ohne Jobs?
Cupertino (dpa) - Als sich Steve Jobs Ende August schwer krank von der Apple-Spitze verabschiedete, flammte sofort eine Diskussion darüber auf, was wohl seine wichtigste Erfindung gewesen sein. Das iPhone, das die Mobilfunk-Branche umkrempelte und Apples Geldmaschine ist?
Das iPad-Tablet, das gerade die Art verändert, wie wir mit Computern umgehen? Nein, sagten damals einige Experten: Jobs' größte Erfindung ist Apple selbst, die einzigartige Firma, die all diese Geräte entworfen, gebaut und zum Erfolg gebracht hat.
Jetzt muss also Apple, das wertvollste Unternehmen der Welt, das Jobs und sein Freund Steve Wozniak einst in der Garage gegründet hatten, ohne seinen charismatischen Gründer auskommen. Zum zweiten Mal. Der erste Versuch, nachdem Jobs 1985 herausgedrängt worden war, ging gegen die Wand. Jobs musste zwölf Jahre später als Retter zurückkehren, um Apple vor dem nahenden Ruin zu retten.
Doch diesmal ist alles anders. Jobs hatte Jahre, um Apple auf die Zeit danach vorzubereiten. Er stellte das Top-Management um seinen Nachfolger Tim Cook zusammen. Er schuf eine Produkt-Kultur, die auf Innovationen, Design und Einfachheit gründet. Die Firma läuft wie eine effiziente Maschine, die scheinbar mühelos großartige Geräte hervorbringen kann. Kosten, Technik, Image - alles stimmt, Apple ist so stark, erfolgreich und vermögend wie nie zuvor. Zum kompletten Bild gehört aber auch, dass Apple immer wieder Anlass zur Kritik gab, wenn beispielsweise die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung der Apple-Geräte bei chinesischen Unternehmen in die Schlagzeilen gerieten.
Bei allem geschäftlichen Erfolg von Apple bleiben Zweifel. Schließlich war es immer Steve Jobs gewesen, der das letzte Wort hatte. Bei großen strategischen Entscheidungen, aber auch bei solchen, die in einer anderen Firma vielleicht gar nicht erst beim Konzernchef angekommen wären, etwa ob ein Schalter beim iPad die Lautlos-Taste sein oder die Bildschirm-Ausrichtung fixieren soll. Und Google-Manager Vic Gundotra erzählte, wie Jobs ihn einmal an einem Sonntag anrief, weil ihm der Gelb-Ton in einem Programm-Icon nicht gefiel.
Auch dank der dominierenden Rolle des manchmal als diktatorisch kritisierten Jobs kam Apple ohne die üblichen Grabenkämpfe zwischen verschiedenen Firmenbereichen aus. Und, vielleicht am wichtigsten: Tim Cook hat in den vergangenen Jahren zwar bewiesen, dass er als Manager einen phänomenal effizienten Betrieb aufbauen kann. Als Visionär vom Kaliber eines Steve Jobs ist er aber bisher nicht in Erscheinung getreten.
Apple-Kenner sehen für diese Rolle am ehesten den bisherigen Design-Chef Jony Ive geeignet. Der Brite sei bei Apple Jobs' wichtigster Partner gewesen, sagte etwa Design-Experte Eric Chan bei der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Ive hatte allen jüngsten Apple-Geräten seinen Stempel aufgedrückt. Im Gegensatz zu Jobs fehlt Ive jedoch der Drang zur Selbstdarstellung, so dass er die Rolle des Chefverkäufers nicht übernehmen kann.
Jobs war der Mann für alles - vom Design bis zum kleinsten technischen Detail. Seine Nachfolger an der Apple-Spitze hingegen sind eher Spezialisten für ihre eigenen Bereiche. Auch wenn Apple ein erfolgreiches Unternehmen bleiben werde, „die Wahrheit ist, dass Steve Jobs unersetzlich ist“, resümierte das Apple-Blog „Cult of Mac“.
Dabei braucht auch das heutige, starke Apple eine starke Führung. Die Branche wandelt sich schnell, bei den Smartphone-Plattformen hat das Google-Betriebssystem fest die Spitzenposition übernommen. Auch bei Computern, Tablets und dem möglichen Vorpreschen ins Fernsehgeschäft müssen wichtige Weichen gestellt werden. In Zukunft erstmals wieder ganz ohne den „iGod“ Jobs.