Analyse: Zuckerberg baut mit Instagram ein Imperium auf
San Francisco (dpa) - Auf den ersten Blick verschwendet Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eine Menge Geld, wenn er eine Milliarde Dollar für die Fotoplattform Instagram hinblättert.
Facebook hat selbst 850 Millionen Nutzer, die jeden Tag 250 Millionen Fotos hochladen. Was ist dann an Instagram so besonders, dass es sich lohnen soll, eine Milliarde Dollar für gerade einmal 30 Millionen Nutzer zu zahlen, die bislang null Dollar Umsatz bringen?
Fast schon zum Krimi wird die Geschichte durch die Tatsache, dass Instagram gerade erst vergangene Woche eine neue Finanzierungsrunde abgeschlossen hat, laut Medienberichten zu einer Bewertung von lediglich 500 Millionen Dollar. Das legt die Vermutung nahe, dass Facebook am Osterwochenende Knall auf Fall ein Mega-Angebot gemacht hat, das die Instagram-Gründer Kevin Systrom und Mike Krieger einfach nicht ausschlagen konnten. Der Zukauf werfe eine Frage nach der anderen auf, „und die größte ist: Warum?“, schrieb der US-Onlinedienst CNET in einer ersten Analyse.
Die Branchenbeobachter im Silicon Valley überschlagen sich in Erklärungsversuchen. Schlug Mark Zuckerberg übereilt zu, weil die Annäherungsversuche von Rivalen wie Google oder Twitter zu konkret geworden waren? Gerüchte, dass der Internet-Riese und der Kurznachrichtendienst Instagram umgarnen, gab es immer wieder. Auch wenn Instagram-Chef Systrom bis zuletzt eisern behauptete, dass er sein Baby selbst weiterentwickeln wolle.
Oder bekam es Facebook angesichts des Potenzials von Instagram doch mit der Angst zu tun, wie das Magazin „Fortune“ vermutet? Auf knapp 30 Millionen Nutzer kam der Fotodienst schließlich nur mit einer iPhone-App. Als vergangene Woche erstmals auch eine Version des Programms für das Google-Betriebssystem Android verfügbar war, wurde sie innerhalb eines Tages eine Million Mal heruntergeladen. Das zeugt von viel Interesse - und mit der frischen Finanzierung von 50 Millionen Dollar hätte das kleine Instagram-Team auch genug Geld für seine Wachstumsambitionen. „Ich denke, Facebook hat Panik bekommen“, sagte ein Branchenbeobachter „Fortune“. „Also hat es beschlossen, den Wettbewerber zu schlucken, bevor er zu groß werden konnte.“
Gemessen an Facebooks erwartetem Börsenwert von 100 Milliarden Dollar wirkt der Preis dann auch nicht mehr so hoch: „Ein Prozent des Unternehmenswerts zu opfern, um die größte Bedrohung auszuschalten, ist ein kluger Zug“, urteilte der Internet-Investor Chris Dixon.
Dabei bietet Instagram eigentlich, was man bei Facebook auch machen kann - Fotos mit seinen Freunden und Bekannten teilen. Mit zwei wichtigen Unterschieden: Die Instagram-App hat eingebaute Filter, mit denen man ein Bild auf alt trimmen oder die Farben verzerren kann. Und das minimalistische Programm ist nur auf Fotos beschränkt, während man bei Facebook von einer Flut an Informationen überflutet wird.
Die Filter dürften nicht das Thema sein: Es gibt Dutzende Foto-Apps mit solchen Funktionen. Wenn Facebook wollte, hätte es die Bildspielereien längst in seine mobilen Apps einbauen können. Viel interessanter ist, dass es Instagram gelungen ist, im Schatten des übergroßen Rivalen mit einer attraktiven App eine aktive Nutzergemeinschaft zu etablieren. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass Facebook erstmals eine Firma nach dem Kauf eigenständig weiterlaufen lassen will, anstatt ihre Ideen in eigenen Diensten aufgehen zu lassen. Zuckerberg macht den ersten Schritt zu einem Imperium, das mehr als nur eine Marke zu bieten hat.
Eine spannende Frage ist, wie viel mehr Facebook mit dem Kauf von Instagram über seine eigenen Nutzer erfahren kann. Viele waren schließlich auch bei Instagram aktiv und hinterließen dort ihre Bilder zusammen mit dazugehörenden Ortsmarken.
Mark Zuckerberg selbst stellte wenige Stunden nach der Übernahme ein Instagram-Foto von seinem Hund Beast ins Netz. Es sein viertes Bild in eineinhalb Jahren. „Macht dann 250 Millionen Dollar pro Foto“, spottete die Tech-Journalistin Staci D. Kramer.