Ausbau des schnellen mobilen Internets kommt voran
Düsseldorf (dpa) - Im Mai 2010 haben die Mobilfunkbetreiber riesige Frequenzpakete für das superschnelle Internet ersteigert. Der neue Standard LTE soll weiße Flecken in der Breitbandversorgung beseitigen und dem mobilen Internet Beine machen.
Aber noch fehlen die Handys.
Berufspendler kennen die Nöte: Ob zwischen Köln und Düsseldorf oder zwischen Hamburg und Berlin - wer im Zug mit seinem Smartphone oder Tablet-PC das Internet nutzt, landet bald im Funkloch. Der Aufruf von Webseiten oder E-Mails wird zur Qual oder ist gar nicht mehr möglich. Doch mit dem neuen Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution) könnte sich diese Spaßbremse bald etwas lockern.
„Wir kommen mit Riesenschritten voran“, sagt Niels Hafenrichter von der Telekom über den laufenden Ausbau des LTE-Netzes. Als erstes Telekommunikationsunternehmen hatte Vorstandschef René Obermann Mitte 2011 die nordrhein-westfälische Millionen-Metropole Köln an die mobile Hochgeschwindigkeitsbahn angeschlossen. In weiteren 100 größeren Städten wird derzeit parallel die Technik aufgebaut. Auch der Düsseldorfer Konkurrent Vodafone rollt das LTE-Netz großflächig aus und hat die Landeshauptstadt Düsseldorf LTE-vernetzt. „Wir erreichen im gesamten Bundesgebiet bereits 7 Millionen Haushalte“, sagt ein Unternehmenssprecher.
Die Nutzung des neuen Netzes ist derzeit nur mit einem sogenannten LTE-Stick oder LTE-Router möglich. Programme zur Messung der Geschwindigkeit zeigen, wie der Turbomotor am Laptop oder Netbook eingeschaltet wird: Das macht sich beim mobilen Fernsehen ebenso bemerkbar wie beim Download großer Dateien, bei Videokonferenzen oder der Telefonie über das Internet. In ersten Praxistests hat die Nachrichtenagentur dpa Download-Geschwindigkeit bis etwa 30 Megabit pro Sekunde gemessen.
DSL, VDSL oder andere kabelgebundene Infrastrukturen erhalten damit eine ebenbürtige Konkurrenz. Und wenn im neuen Jahr, spätestens zur internationalen Branchenschau des Mobilfunks in Barcelona, die ersten LTE-fähigen Handys präsentiert werden und auf den Markt kommen, geht die Post ab. Bis zum Jahr 2016 rechnen Marktforscher weltweit bereits mit der Auslieferung von 245 Millionen LTE-fähigen Handys. Experten glauben an einen zweistelligen Milliarden-Markt.
„Bis zum Jahresende sind alle weißen Flecken in der Breitbandversorgung auf dem Land beseitigt“, zeigt sich René Schuster von der Telefónica Deutschland überzeugt. Das ist zwar Wunschdenken, trifft aber einen Kern: Der LTE-Netzausbau schreitet viel schneller voran als ursprünglich angenommen. Nach der Milliarden-Auktion der UMTS-Frequenzen dauerte es Jahre, bis die Netze standen und Endgeräte verfügbar waren.
Der Präsident der Bundesnetzagentur Matthias Kurth ist hoch erfreut: Nur eineinhalb Jahre nach der Auktion sind bereits in sechs Bundesländern die Auflagen zum Netzausbau erfüllt. Denn um die Breitbandversorgung in ländlichen Regionen zu verbessern oder gar erst möglich zu machen, waren Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland verpflichtet worden, den Ausbau auf dem Land zu starten. Sie hatten jene lukrativen Frequenzen aus dem Spektrum 800 Megahertz ersteigert, die in diesen Gebieten eine kostengünstige Lösung für die Breitbandanbindung ermöglichen.
Ein Blick auf die Netzkarten von Telekom oder Vodafone verrät: Noch ist das Netz ein Flickenteppich. Aber täglich kommen neue Regionen und Städte hinzu. Dabei treibt der schier unstillbare Datenhunger die Mobilfunker zur Eile. Bis 2013 soll sich das Volumen im Festnetz Studien zufolge verfünffachen und im Mobilfunk sogar um den Faktor 60 zulegen.
Immer neue Anwendungen werden angesichts der hohen Geschwindigkeiten möglich: In zwei Jahren könnten bei LTE Datenraten bis zu 100 Mbit/sec zur Verfügung stehen, erwartet der Nachrichtentechniker Gerhard Fettweis von der TU Dresden. „Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich sind dann in gut fünf Jahren möglich.“ Dann könnten auch Videos mit 16-facher HDTV-Auflösung aufs Handy übertragen werden.