Bunt, laut, schnell: Lesenswerte Blogs für 2014
Washington (dpa) - Früher waren Webblogs meist so langweilig wie von Hand geschriebene Tagebücher - nur ein bisschen bunter. Heute sprudeln diese Internetseiten vor witzigen, seltsamen oder abwegigen Ideen aus allen Bereichen des Lebens.
Und jeden Tag werden es mehr.
Katzen mit Brot um den Kopf, eine Fotoserie über fallengelassene Kartoffelchips oder eine Sammlung alter Ölgemälde mit besonders hässlichen Babys: Heute gibt es fast nichts, was es im Internet nicht gibt. Mehr als 785 Millionen aktive Websites zählte das britische Unternehmen Netcraft in seiner November-Analyse. Kaum ein Thema oder eine Idee ist im Netz noch nicht aufgegriffen worden, und häufig sitzen ihre Urheber in den USA. Zwölf englischsprachige Blogs, die im Jahr 2014 einen Klick lohnen:
Musik: Sechs Jahre ist es her, dass der New Yorker Musikethnologe Brian Shimkovitz mit einem Koffer voller Kassetten aus Afrika kam. Eigentlich war es der nigerianische Komponist Fela Kuti, der ihn zur afrikanischen Musik brachte. Sein Blog „Awesome Tapes“, auf dem er in Afrika gesammelte Kassetten in voller Länge zur Verfügung stellt, wurde über die Jahre ein Riesenerfolg. Dank „Awesome Tapes from Africa“ betreibt der Kassetten-DJ nun auch sein eigenes Label.
Privates: Das World Wide Web ist der beste Ort, um im Privatleben anderer herumzuschnüffeln - oder um ein Geheimnis loszuwerden. „Post Secret“ veröffentlicht die wildesten Geständnisse, die anonym per Postkarte nach Maryland geschickt werden. Aufrichtige, bittere aber auch sehr witzige Beichten sind dabei, die wohl niemandem leicht über die Lippen gingen. Zum Beispiel: „Zum Schlafen trage ich jede Nacht seine Unterhose, weil er weit entfernt und mein Held ist.“
Leute: Wie muss es wohl aussehen, wenn der verstorbene US-Rapper Tupac Shakur und die Hardrock-Band Kiss miteinander auf einem Foto posieren? Das Blog „Awesome People Hanging Out Together“ (Tolle Menschen beim miteinander Rumhängen) zeigt Bilder von Prominenten, die man selten zusammen sieht - etwa Michael Jackson mit David Bowie oder die Designerin Coco Chanel mit dem Surrealisten Salvador Dalí.
Tiere:Wahrscheinlich gibt es im Internet nichts häufiger als Fotos von Tieren. Doch Theron Humphreys Bilder von seinem Hund namens Maddie sind anders als die Millionen Aufnahmen von Katzenbabys und Pandabären. Mit viel Geduld steht der hübsche Coonhound Modell für „Maddie on Things“, hockt sich auf ein Bücherregal, stellt sich in einen Fensterrahmen oder balanciert eine Lampenschirm auf seiner hellbraunen Schnauze. Die Fotos gibt's auch gedruckt.
Reise:Ein Wochenende ist nicht viel länger als 48 Stunden. Genug Zeit also, um in die Hauptstadt Vietnams, nach Island oder Montreal in Kanada zu fliegen. Das dachte sich jedenfalls der Australier Justin Morris, der neben seinem Job fast jedes Wochenende ein anderes Land erobert. „48 Hour Adventure“ ist das spannende Tagebuch eines IT-Beraters, den es nie wirklich lange zu Hause hält.
Geschichte:Martin Cherretts ist mit seiner Berichterstattung genau 70 Jahre hinterher. Der Autor von „World War II Today“ lässt den Zweiten Weltkrieg im Internet Revue passieren, als fände er heute statt. Die Berichte von Zeitzeugen, Fotos und historische Dokumente fasst er in bewegenden Einträgen zusammen. Glücklicherweise ist am Ende dann doch alles nur ein Blog.
Kochen: Avocado, Rucola, Buttermilch oder Kichererbsen - das Online-Kochbuch von Heidi Swanson kann man nicht nur nach Gerichten sortieren, sondern auch nach Zutaten. So spuckt „101 Cookbooks“ auch Rezepte mit Ingredienzien aus, die man zu Hause im Kühlschrank hat und nicht extra besorgen muss. Auch nach Jahreszeit lassen sich die Rezepte sortieren. Dank der hübschen Fotos läuft einem am Computerbildschirm schnell das Wasser im Mund zusammen.
Film: Wer noch ein „lebendiges Film-Stillleben“ gesehen hat, sollte Gustaf Mantels Blog „If We Don't, Remember Me.“ einen Besuch abstatten. Dort stellt er animierte Schnappschüsse aus Filmklassikern online, die nur kleine, sich wiederholende Bewegungen enthalten. Die sogenannten „Cinemagramme“ sind bezaubernde Miniaturen und oft auch etwas befremdliche Ausschnitte aus der ganz großen Filmgeschichte.
Liebe: Mit viel Witz dokumentiert Jenny Lawson das Auf und Ab ihrer Ehe. Doch „The Bloggess“ ist bei weitem nicht der übliche rosarote Guckkasten amerikanischer Kuchen-Mamas, die sich im Internet ausbreiten. „Wie Mutter Teresa, nur besser“, werden Leser begrüßt. Thema sind Lawsons Ehemann Victor, ihre Tochter Hailey - und auch bei Privatem ist die Schreiberin um keinen bissigen Kommentar verlegen.
Trends: Schon lange bevor das Wort Blog es in den Duden schaffte, betrieb Jason Kottke seine fabelhafte Seite „Kottke.org“, nämlich seit 1998. Über die Jahre ist sein Sammelsurium zu einem wichtigen Taktgeber bei den schnell wechselnden Internet-Phänomenen geworden. Zu allen möglichen Themen gräbt Kottke etwas aus, und fast immer ist es irgendwie spannend, seltsam, lesenswert oder einfach unglaublich.
Comics: Paradoxe Hunde, die Tücken der englischen Grammatik oder der Elektro-Ingenieur Nikola Tesla - kaum ein Thema ist zu abwegig, um von Matthew Inman nicht als Comic verewigt zu werden. Irrwitzige Zeichnungen, wilde Fratzen und kluge Texte haben „The Oatmeal“ zu einem der beliebtesten Comics im Netz gemacht. Die bunten Geschichten werden inzwischen auch im Großformat als Poster verkauft.
Mode:Übliche Fashion-Blogs zeigen schöne Menschen mit schöner Kleidung gut ausgeleuchtet im perfekten Setting. Jenny Williams geht einen anderen Weg. Mit handgefertigten Zeichnungen zeigt sie auf „What My Daughter Wore“, was ihre Tochter, deren Brüder und ihre Freunde so alles anziehen. Ob Skater-Outfit, Madonna-Look, oder niedliches Bärenkostüm: Fast alle Stilrichtungen sind vertreten - ganz ohne hohe Modekunst.