CeBIT sucht Antworten auf die Vertrauensfrage
Hannover (dpa) - Attacken aus dem Netz und Datenlecks erschüttern immer wieder das Vertrauen in die digitale Welt. Zudem wächst mit der Auswertung von persönlichen Informationen die Angst vor einer Rundum-Überwachung.
Gegen dieses Unwohlsein will die Branche etwas tun: Auf der CeBIT in Hannover diskutiert sie unter dem Motto „Managing Trust“, wie sie das Vertrauen von Firmen und Verbrauchern (wieder-)gewinnen und daraus am besten auch noch geschäftlichen Nutzen ziehen kann.
Die Vertrauensfrage stellt sich nicht von ungefähr: „Das Internet durchdringt den Alltag, nicht nur für Standardanwendungen, sondern eben auch für geschäftliche Transaktionen, ganz egal ob sie von Privatleuten oder Unternehmen ausgeführt werden“, sagt Bitkom- Präsident Dieter Kempf. „Cloud Computing“ heißt der Trend - alles in die vielzitierte Wolke, also ins Netz. Und dank mobiler Geräte sind die Daten jederzeit verfügbar.
Diese Trends bedeuteten jedoch einen Kontrollverlust, sagt Gartner-Analyse Carsten Casper. Das sorge bei vielen für Skepsis: „Das Vertrauen der Menschen entwickelt sich nicht so schnell wie die Technologie.“ Doch nur damit sei es möglich, das wirtschaftliche Potenzial der Daten-Wolke zu nutzen.
Vertrauen ist so zum zentralen Blickpunkt der CeBIT geworden. Eine akrobatische Tanzperformance inszenierte das Schlüsselthema zur Eröffnung der Computermesse, der Tänzer warf seine zierliche Partnerin in die Luft - ohne Vertrauen ist das nicht möglich.
Die IT-Unternehmen wollen mit ihrem guten Namen oder mit den strengen deutschen Datenschutz-Regeln Vertrauen gewinnen. Oder sie bieten eine „private Cloud“ an, bei der Firmenkunden die Cloud-Dienste im eigenen Rechenzentrum betreiben. Objektive Maßstäbe für die Qualität eines Anbieters gibt es derzeit kaum, sieht man von einem Gütesiegel des Branchenverbandes Eurocloud ab. Die Zertifizierung von Cloud-Diensten sei noch in den Anfängen, sagt Gartner-Experte Casper. Transparenz helfe aber, um Kunden zu überzeugen - nicht zuletzt durch Gespräche auf der Messe.
Die CeBIT zeigt: Es gibt viele technische Lösungen, die den Nutzern Kontrolle geben sollen. Das Fraunhofer Institut SIT präsentiert etwa eine Software-Lösung, die Sicherungskopien von Daten verschlüsselt auf Servern in der Cloud ablegt. Die Hersteller von Antiviren-Software warnen, dass die Gefährdung auch bei Smartphones zunehme, und werben für ihre Rundum-Sorglos-Pakete.
Allerdings fordern Experten wie Thomas Tschersich, Leiter IT-Sicherheit bei der Deutschen Telekom, dass Sicherheit zum integrierten Design-Kriterium von Software werden müsse. „Wir müssen es unseren Kunden einfacher machen, sicher mit IT umgehen zu können“, sagte Tschersich mit Blick auf die gesamte Branche. „Das passiert vielfach nicht.“
Unternehmen reden nicht gern über Attacken auf ihre Systeme - aus Angst vor negativen Folgen für ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Daher sollen sie Angriffe auf ihre Computersysteme künftig bei einer zentralen Stelle anonym melden. So könnte die Gefährdungslage besser eingeschätzt werden, um genauere Handlungsempfehlungen zu geben, sagte der Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Michael Hange, am Mittwoch auf der CeBIT. Die Meldestelle ist Teil einer neuen „Allianz für Cyber-Sicherheit“, die das BSI zusammen mit dem Bitkom ins Leben gerufen hat.
Auch zwei Großprojekte mit IT made in Germany sollen das Vertrauen fördern. Zum einen die De-Mail: Die ersten drei Anbieter für diese rechtssicheren E-Mails haben auf der CeBIT ihre Zulassung erhalten. Damit kann die elektronische Post auf einfachem Weg mit beglaubigter Identität des Absenders, verschlüsselt und nachweisbar versandt werden. Zum anderen der neue Personalausweis: In Hannover ist etwa zu sehen, wie man mit dem Dokument sicher Online-Banking machen kann. Bis beide Technologien helfen, das Vertrauen zu stärken, dürfte aber einige Zeit vergehen. Die Verbreitung ist noch relativ gering.
Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz werden zunehmend zu Argumente im hitzigen Wettbewerb der Branche. „Die deutsche Cloud wird aus unserer Überzeugung zum Wettbewerbsfaktor“, sagte auf der CeBIT Telekom-Chef René Obermann. „Die Kundendaten fließen über abgeschottete Leitungen, die Daten verlassen nie die Telekom-Infrastruktur.“ Sicherheit und Datenschutz sollen Qualitätsmerkmale von „Made in Germany“ werden. „Wenn wir es gut machen“, betonte Kempf, „können wir daraus auch einen positiven Standortvorteil generieren.“