Deutscher IT-Mittelstand begreift NSA-Verunsicherung als Chance

Hannover (dpa) - Nach der Abhör-Affäre um den US-Geheimdienst NSA achten die Unternehmen in Deutschland deutlich stärker auf die Absicherung ihrer Computer-System.

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Inzwischen hätten 88 Prozent der Betriebe zum Beispiel Notfallpläne für den Fall eines Cyberangriffs aufgesetzt, teilte der Branchenverband Bitkom am Dienstag auf der Computermesse CeBIT in Hannover mit. 2012 waren es noch 63 Prozent.

„Wenn die Affäre um die Enthüllungen von Edward Snowden überhaupt etwas Positives hatte, dann war es die Stärkung des Sicherheitsbewusstseins“, sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf.

Auch der deutsche IT-Mittelstand begreift die Affäre mittlerweile als Chance und will künftig mit dem neuen Gütesiegel „Software hosted in Germany“ für sichere, vertrauenswürdige deutsche Technologie werben. Bedarf dafür ist offenbar vorhanden, bestätigte der Branchenverband Bitkom.

Demnach haben nur 36 Prozent der 403 befragten Unternehmen nach dem NSA-Skandal ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Zwei Drittel davon hätten etwa das Zugriffsmanagement für Daten angepasst.

43 Prozent haben den Angaben zufolge virtuelle Schutzmauern (Firewalls) und 35 Prozent Virenschutzprogramme eingeführt oder erneuert. Viele Attacken erfolgten jedoch „vor Ort“, weil gezielt Daten gestohlen oder Schadprogramme per USB-Stick eingeschleust wurden - nur 30 Prozent der Unternehmen betonten, die Angriffe seien per Internet erfolgt.

Deutschlands IT-Mittelstand forderte auch vor diesem Hintergrund die Politik zu einem aktiveren Handeln auf. Bei der Vorstellung eines Positionspapiers machte sich der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMI) vor allem für eine bessere Finanzierung, eine Stärkung des EU-Binnenmarktes und zunehmende Internationalisierung der Branche stark.

Das vorgestellte neue Logo „Software Hosted in Germany“ soll deutsche IT-Produkte künftig international sichtbarer machen. „Wir sollten das gute Ansehen, das Deutschland in Sachen Datensicherheit hat, als Standortvorteil nutzen“, sagte BITMI-Präsident Oliver Grün.

Er beklagte, dass die Digitalisierung des Arbeitsalltags noch immer zu wenig Würdigung in der Politik finde. „Die digitalen Themen kommen in der Politik nicht weit über Lippenbekenntnisse hinaus“, erklärte Grün.

Sein Verband, der in Deutschland nach eigenen Angaben mehr als 1000 Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitern zu seinen Mitgliedern zählt, beschäftigt etwa 85 Prozent aller Auszubildenden der Branche. 70 Prozent des im Verband organisierten deutschen IT-Mittelstands erwarte dieses Jahr Umsatz-, rund 40 Prozent Gewinnsteigerungen.

Bei der Finanzierung sei nicht nur die Förderung junger innovativer Unternehmen (start-ups) wichtig, sondern auch von denen, die die Gründerphase bereits hinter sich hätten. Viele von ihnen kämpften mit einer dünnen Eigenkapitalquote, ein besserer Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen sei nötig. Mit Blick auf die Nachwuchsförderung macht sich der Verband für ein Schulpflichtfach Informatik stark.

Zugleich soll der Staat als größter IT-Auftraggeber für mittelstandsgerechte Ausschreibungen sorgen - etwa durch kleinere Losgrößen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Durch Förderprogramme müsse die deutsche IT-Sicherheitsbranche in die Lage versetzt werden, sichere Software- und Hardwarelösungen sowie Verschlüsselungstechnologie anzubieten.

Zu den Unternehmen, die entsprechenden Unternehmen eine Hilfestellung für die Sicherung ihrer IT-Infrastruktur anbieten, gehört der TÜV Nord. Seine Tochter TÜViT kündigte am Dienstag gemeinsam mit dem Partner media Test Digital für Juni das neue Portal „Application Security Center“ (ASC) an. Es soll Betrieben in gebündelter Form sämtliche Lösungen für die Sicherheit ihrer IT-Geräte bieten.