Flachbild-TVs: Kleine Schritte, große Wirkung
Berlin (dpa) - Schöner, größer, flacher - auch in diesem Jahr werden neue Flachbild-Fernseher zu den Stars der IFA in Berlin gehören. Dabei setzt sich der Trend zu vernetzten Geräten immer mehr durch.
Flachbildfernseher gibt es längst für jeden Geschmack und Geldbeutel und mit der für jeden Wohnraum entsprechenden individuellen Größe. Für die großen Hersteller ist es daher eine Herausforderung, zur IFA in Berlin das Publikum mit Weltneuheiten zu beeindrucken. Der Trend zu großen Bildschirmgrößen ist dabei noch längst nicht ausgereizt. Während aktuell Diagonalen von 40 bis 46 Zoll die Verkaufsschlager sind, gehe der Trend bereits zu 60 Zoll und größer, sagt Herman Karabetyan, Manager von Sharp. Und inzwischen kommunizieren immer mehr der Top-Geräte mit dem Internet. Dennoch steht der Markt stark unter Druck.
In den Entwicklerlabors der großen Hersteller hat sich einiges getan. Moderne Flachbildfernseher sind nach einem Report, den kürzlich der US-Branchenverband CEA vorgestellt hat, inzwischen 82 Prozent leichter und 75 Prozent dünner als die alten Kathodenstrahl-Röhren-Fernseher.
Auch für die Kommunikation mit dem Internet haben sich die TV-Geräte von braunen Flimmerkisten längst zu leistungsfähigen High-Tech-Geräten gemausert. Überwältigende Highlights dürften zur IFA in diesem Jahr allerdings kaum zu erwarten sein. „Das wird eine Zwischen-IFA, an die man sich nicht mehr lange erinnern wird“, schätzt Branchenexperte Hartmut Krafczyk.
In kleinen Schritten gibt es dennoch viele Neuheiten. Der Trend Hybrid-TV, die Verbindung von Fernseh- und Internet-Inhalten, ist zwar nicht neu, wird dafür aber immer weiter verbessert und ausgebaut. Toshiba hat dafür seine Top-Modelle mit einem leistungsfähigen Achtkernprozessor ausgestattet, der zudem auch helfen soll, 3D-Bilder besonders gut und ohne Qualitätsverlust darzustellen.
In diesem Jahr dürften 25 Prozent aller TV-Geräte weltweit mit Internet-Verbindung ausgestattet sein, prognostiziert das Marktforschungsinstitut DisplaySearch für den weltweiten Markt. Die auch Internet- oder Smart-TV genannte Verbindung mit dem weltweiten Datennetz soll nun immer nutzerfreundlicher werden und echten multimedialen Zusatznutzen bieten. Dabei gehe es derzeit vor allem um neue Inhalte und einfachere Konzepte, die die Steuerung der Dienste vereinfachen, sagte Michael Langbehn, Manager von Panasonic.
Neben den sogenannten Widgets, einzelnen Zugangspunkten zu Inhalten wie Wettervorschau oder zum Videoportal YouTube, binden immer mehr Anbieter alternative Inhalte über Apps ein. Denn etwa bei den YouTube-Widgets hake es vielfach, wenn die Flash-Software von Adobe nicht unterstützt wird, sagt Krafczyk. Auf den neuen Modellen von Samsung etwa sind bereits bis zu 600 Apps verfügbar.
Der neue Standard HbbTV wird nach anfänglicher Zurückhaltung inzwischen von nahezu allen großen Herstellern unterstützt. Darüber sind derzeit vor allem die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender eingebunden, am Ausbau der Inhalte wird gearbeitet. Für Video-Angebote auf Abruf (video on demand) geht jeder Hersteller seine eigenen Wege und hält entsprechende Dienste bereit.
Nach Angaben von Samsung wollen sich in Deutschland 20 Prozent der Haushalte in nächsten zwei Jahren ein SmartTV zulegen. Damit könnten die Internet-Fernseher schon eher als das 3D-Fernsehen die rückläufigen Absätze und fallenden Preise aufhalten. Nach anfänglicher Euphorie in der Branche nach dem großen Kino-Erfolg von „Avatar“ ist in Sachen 3D weitgehend Ernüchterung eingetreten. Auch wenn SmartTV und 3D noch immer Zukunftsthemen sind, dürfte das Internet-Fernsehen weit mehr das Interesse der Verbraucher wecken als 3D-TV, schätzt auch Karabetyan.
Bislang haben die Hersteller ihre Top-Modelle mit Internet-Services oder 3D gegen die Preisspirale nach unten verteidigt. Einen tatsächlichen Anreiz für einen Neukauf liefert aber 3D in der Regel nicht, fanden die Beobachter von DisplaySearch heraus. Lange von den Herstellern als nächstes großes Ding herausgestellt, entwickelt sich 3D zum Zusatzfeature für einen kleinen Aufpreis. Das zeigt sich auch, wenn man die Absatzzahlen der 3D-Geräte mit den deutlich geringeren für die erforderlichen Brillen vergleicht: „Die Nutzung von 3D ist deutlich niedriger als der Absatz der Geräte“, sagt Karabetyan.
Neben der noch überschaubaren Menge an 3D-Filmtiteln dürften die Verbraucher auch wegen der nötigen Brillen zurückhaltend gewesen sein. Die Hersteller hatten es den Kunden nicht einfach gemacht und sie mit einem Standard-Wirrwarr an Eigenentwicklungen konfrontiert. Inzwischen könnte es für den Kunden bald überschaubarer werden: Sony, Samsung und Panasonic wollen künftig in Kooperation einen gemeinsamen Standard für die Shutterbrillen erarbeiten. Toshiba arbeitet dagegen weiter mit Hochdruck daran, 3D auch ohne Brille auf Fernsehbild-Größe technisch zu ermöglichen.
Trotz der vielen Innovationen kämpft die Branche allerdings gegen den Abwärtsstrudel. Nach dem jüngsten CEMIX-Index sackte der Absatz von Fernseh-Displays im ersten Halbjahr 2011 um 4,7 Prozent nach unten, der Umsatz fiel um 10,3 Prozent. Die Nachfrage nach neuen Geräten schwächt sich stärker ab als erwartet. Die Branche sei allerdings auch sehr verwöhnt durch die blendenden Geschäfte im vergangenen Jahr, sagte Karabetyan. „Es gibt zwar den Wunsch, darauf aufzusetzen, aber die Obergrenze ist derzeit erreicht.“