Gefährliches Halbwissen: Smartphone-Mythen auf dem Prüfstand

Berlin (dpa) - Jeder benutzt es täglich, aber kaum jemand weiß wirklich viel darüber. Im Gegenteil: Gerade übers Smartphone kursiert viel Halbwissen. Viele der falschen, aber weit verbreiteten Annahmen stammen noch aus der Frühzeit des Mobiltelefons.

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Andere haben nie gestimmt. Elf Mythen im Überblick:

Eine 500-Megabyte-Flatrate reicht eigentlich immer: Stimmt nicht mehr. In Zeiten lückenhafter UMTS-Netze und kaum vorhandener Multimedia-Angebote für Mobilgeräte war das noch richtig. Doch wer Musik streamt, häuft schnell riesige Datenmengen an. „Da sind Sie dann ganz schnell im Gigabyte-Bereich“, sagt Falko Hansen vom Telekommunikationsportal „Teltarif.de“. Umgekehrt reicht bei zurückhaltender Nutzung mit etwas Surfen und Mailen aber vielleicht auch eine kleinere Flatrate.

Moderne Smartphones müssen jede Nacht an die Steckdose:Stimmt nur noch teilweise. Denn sogenannte Phablets mit Displaydiagonalen jenseits von fünf Zoll werden immer populärer. Und in deren große Gehäuse passt auch ein großer Akku. „Der kann auch mal zwei Tage lang durchhalten“, sagt Monika Klein, stellvertretende Chefredakteurin von „Connect“. Die besten Riesenhandys schaffen demnach bis zu zehn Stunden Dauernutzung, mit Pausen auch deutlich mehr. Bei kleineren Geräten seien sechs oder sieben Stunden Dauerbetrieb die Regel.

Telefonieren und surfen im Ausland ist sündhaft teuer:Das kann nur noch auf anderen Kontinenten zutreffen. Denn innerhalb der EU gelten Gebührengrenzen - für ein Megabyte Daten etwa 24 Cent (Preise inklusive Mehrwertsteuer), für eine SMS rund 7 Cent, für die abgehende Gesprächsminute rund 23 Cent und für die eingehende Minute rund 6 Cent. „Das ist keine Kostenfalle mehr“, sagt Stefan Höppner von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Für Smartphones gibt es keine Viren: Stimmt nicht. „Inzwischen sind die Ersteller von Schadsoftware auf Smartphones sogar aktiver als auf Desktop-Computern“, warnt Prof. Eric Bodden von der Technischen Universität Darmstadt. Betroffen sei wegen der großen Verbreitung vor allem Android, Schädlinge gibt es aber auch für andere Systeme. Schützen können sich Nutzer mit Virenscannern und gesundem Menschenverstand: „Die Hauptquelle für Smartphone-Viren sind unoffizielle App-Stores“, so Bodden. Am besten laden Nutzer neue Anwendungen daher nur von den offiziellen Plattformen herunter.

Gute Apps gibt es nur für Android und iOS: Stimmt nicht. Die beiden Marktführer unter den mobilen Betriebssystemen haben nicht unbedingt bessere Apps - nur mehr. Wer auf die breite Masse verzichten kann, hat unter den Exoten aber zumindest eine sinnvolle Alternative: „Die grundlegenden Apps für den Alltag gibt es auch bei Windows Phone“, sagt Monika Klein. „App-Junkies, die die breite Auswahl brauchen, stoßen da aber schnell an ihre Grenzen.“

Smartphones werden mit der Zeit immer langsamer: Stimmt nicht unbedingt. „Da ist auch viel Psychologie dabei“, sagt Falko Hansen. „Ein neues Smartphone ist ja meistens schneller als das alte, da gibt es dann einen „Wow-Effekt“.“ Und der verschwinde mit der Zeit natürlich, so der Experte. Klappt dann später etwas nicht sofort, nervt das. Immer neue Apps und Daten können ein Smartphone mit der Zeit aber etwas ausbremsen. Abhilfe schaffen Aufräum-Apps oder das Zurücksetzen auf die Werkseinstellungen.

Private Daten bleiben auf dem Handy auch privat: Stimmt nicht. Beim Verkauf alter Smartphones reicht es zum Beispiel nicht, Daten nur zu löschen. Denn für Versierte sind sie dann immer noch verfügbar. Prof. Bodden rät, den Handy-Speicher zu verschlüsseln. Entsprechende Funktionen gibt es bei iOS sowie Android und mit dem kommenden Update auf Version 10 auch für Windows Phone. „Wenn sie den Handyspeicher löschen, wird der Schlüssel für die verschlüsselten Daten quasi weggeworfen“, erklärt der Sicherheitsexperte. „Dritte können mit den Daten dann kaum noch etwas anfangen.“

Eine Smartphone-Kamera taugt nur für Schnappschüsse: Stimmt meistens. Unter guten Lichtbedingungen können mit der Handykamera zwar tolle Bilder gelingen, sagt „Connect“-Redakteurin Klein. „Aber wenn es dunkler wird, trennt sich die Spreu schnell vom Weizen.“ Gute Bilder gelingen dann am ehesten noch mit teureren Smartphones der Oberklasse: In einem Test der Zeitschrift schneiden das iPhone 6, Samsungs Galaxy S6 und das Huawei P8 am besten ab. Mit Spiegelreflexkameras halten sie aber längst nicht mit, so die Expertin: „Das ist technisch einfach nicht möglich.“

Was ich nicht in die Cloud lade, bleibt sicher auf dem Handy:Stimmt nicht. Bei vielen Apps ist auch für Experten kaum erkennbar, was die Programme im Hintergrund auf einem Server speichern. Für Nutzer ist das einerseits komfortabel, weil ihre Informationen so synchron auf mehreren Geräten zur Verfügung stehen. Andererseits ist es aber auch eine Sicherheitslücke: „Wir haben festgestellt, dass die Daten in der Cloud oft nur schlecht geschützt sind“, warnt Prof. Bodden. Schützen können sich Nutzer dagegen kaum - hier hilft nur genaues Hinsehen, gerade bei den App-Berechtigungen.

WLAN ist zum Surfen unterwegs immer die bessere Wahl: Stimmt nicht. Denn das Surfen per WLAN verursacht zwar keine Kosten, schneller ist es in Zeiten von LTE und Co. aber längst nicht immer. Und sicherer ist es auch nicht. Vor allem in einem unverschlüsselten WLAN sollten Nutzer auf keinen Fall sensible Daten wie Passwörter verschicken, warnt Prof. Bodden. Und auch nicht jede Verschlüsselung ist wirklich sicher. Im Zweifelsfall seien LTE und UMTS daher die bessere Wahl: „Mobilfunk ist nach aktuellem Stand relativ abhörsicher.“

Smartphones sind nichts für Ältere: Stimmt nicht immer. Große beleuchtete Tasten, große Schrift im Display, eine gesonderte Notruftaste. Auf den ersten Blick sind Senioren-Handys für ältere Mobilfunk-Einsteiger die beste Wahl. Falko Hansen rät Senioren, Smartphones ruhig einmal auszuprobieren: „Die sind durchaus seniorengerecht.“ Grund dafür sei vor allem die nachvollziehbare Benutzerführung mit bunten Symbolen. Hansen empfiehlt Älteren aber eher Phablets als Smartphones in Standardgröße: „Das ist schon ein Unterschied, was die Darstellungsgröße angeht.“