Handlich und leistungsstark: Das iPhone SE im Praxistest
Berlin (dpa/tmn) - Seit fast zwei Jahren setzt Apple beim iPhone auf größere Bildschirme. Doch viele Kunden entschieden sich gegen ein aktuelles Modell mit einem 4,7- oder 5,5-Zoll-Display und griffen zu kleineren Geräten.
Fast jeder sechste iPhone-Käufer gab sich im vergangenen Jahr mit dem kompakten, aber technisch inzwischen veralteten iPhone 5s zufrieden. Mit dem neuen iPhone SE will Apple nun die Nutzer ansprechen, die sich ein handliches 4-Zoll-Smartphone mit frischer Technik wünschen.
Man muss sich das iPhone SE schon sehr genau anschauen, um winzige Unterschiede zum Gehäuse des 5s zu erkennen. Nur die abgeschrägten Gehäusekanten glänzen nicht mehr, sondern schimmern matt. Neu ist nur die Gehäusefarbe Roségold, die beim 5s nicht zur Auswahl stand. Im Innern hat Apple aber bis auf wenige Ausnahmen die komplette Technik ausgetauscht. Dabei hat Apple-Chef Tim Cook auch der Versuchung widerstanden, auf die inzwischen auch schon etwas betagte Technik des iPhone 6 zurückzugreifen: Das Herzstück im SE ist nun der A9-SoC (System-on-Chip), der auch in den aktuellen Spitzenmodellen 6s und 6s Plus steckt. Im Vergleich zum kompakten 5s verleiht der A9 dem iPhone SE einen deutlichen Leistungsschub.
In unserem Praxistest erwies sich das SE rund dreimal so schnell wie der veraltete Vorgänger. Bestimmte Benchmark-Tests absolvierte das SE sogar in der fünffachen Geschwindigkeit. Das SE dürfte damit auch auf lange Zeit für künftige System-Upgrades gerüstet sein. Das liegt auch daran, weil Apple beim Arbeitsspeicher des iPhone SE sich ebenfalls spendabel gezeigt hat und 2 Gigabyte wie beim 6s bietet. Damit können mehr Apps im Hintergrund laufen oder beim Surfen sehr viele Tabs gleichzeitig geöffnet sein, ohne dass eine Geschwindigkeitseinbuße bemerkbar wird.
Trotz der überragenden Leitungsdaten hat sich Laufzeit des Akkus nicht verschlechtert. Bei der Wiedergabe eines HD-Videos (H.264) im Test machte die Batterie erst nach über zwölf Stunden schlapp und hielt damit rund 30 Minuten länger durch als das 5s. Auch bei Surfen im Web erwies sich das SE im Vergleich zum 5s als Langstreckenläufer mit über einer Stunde Laufzeit-Unterschied.
Beim Display fällt der Unterschied kaum spürbar aus. Die Auflösung von 1136 mal 640 Pixel ist identisch zum 5s. Die Farben sind gewohnt kräftig, das Schwarz fällt satt aus. Im Gegensatz zu den größeren Spitzenmodellen 6s und 6s Plus verfügt das SE aber nicht über die 3D-Touch-Funktion, bei der man mit einem kräftigen Druck auf ein App-Symbol ein Kontext-Menü aufrufen kann, um beispielsweise mit einem Druck auf das Kamera-Symbol schnell ein Selfie aufzunehmen.
Die Hauptkamera entspricht technisch nun auch dem aktuellen Stand und nimmt Fotos in der bewährten Qualität als 12-Megapixel-Bild auf. Panoramabilder werden sogar mit bis zu 63 Megapixel abgespeichert. Beim der Frontkamera hat Apple mit 1,2 Megapixel leider kein Upgrade im Vergleich zum 5s vorgenommen. Immerhin gibt es für die Selfie-Bilder nun ein helles Aufflackern des Bildschirms, was fast wie ein Blitz wirkt.
Wie die beiden Spitzenmodelle 6s und 6s Plus unterstützt das SE nun auch den WLAN-Standard 802.11ac, was eine Verdopplung der Surfgeschwindigkeit im Vergleich zum 5s bedeutet. Auch beim Mobilfunk LTE ist das SE mit bis zu 150 Mbit/s doppelt so schnell wie sein Vorgänger. Die großen iPhone-Modelle funken aber noch einmal doppelt so schnell wie das SE.
Bei der Kaufentscheidung von iPhone-Interessierten wird auch der Preis eine große Rolle spielen. Zwar haben manche Spötter die Abkürzung SE in „Still Expensive“ (Noch immer teuer) aufgelöst. Tatsächlich gab es aber noch nie ein iPhone mit frischer Technik unterhalb der 500-Euro-Schwelle. Das SE mit 16 Gigabyte Kapazität kostet 489 Euro, das Modell mit 64 GB 589 Euro (jeweils inkl. Mehrwertsteuer). Leider bietet Apple kein Modell mit 128 GB an - und der Speicher kann wie bei allen iPhones nicht durch eine Chipkarte erweitert werden.
Wer künftig sich für ein kleineres iPhone entscheidet, muss sich jedenfalls nicht mehr mit der Technik von vorgestern zufrieden geben, sondern bekommt mit dem SE ein leistungsstarkes Smartphone, das es auch mit den Besten unter den Android-Konkurrenten aufnehmen kann. Das SE ist handlich und schnell, verfügt über eine sehr gute Kamera und unterstützt die meisten aktuellen Funkstandards. Und das alte Zubehör für das 5s kann man auch noch weiterverwenden.
Der Preis des SE in Europa hätte noch etwas günstiger ausfallen sollen, denn in den USA hat Apple sogar knapp die Schwelle von 400 Dollar unterboten. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die US-Preise immer ohne Mehrwertsteuer ausgewiesen werden und dort teure Gebühren wie die deutsche Urheberrechtsabgabe unbekannt sind, liegt der Preispunkt für das SE um gefühlt 50 Euro zu hoch.