Helm und Lenker als Stativ - Sportler filmen mit Actioncams
Frankfurt/Main/Stuttgart (dpa/tmn) - Ein rasanter Mountainbike-Downhill, Freeriden im Pulverschnee oder Windsurfen bei haushohen Wellen: Aus der Draufsicht kennt man solche Videos. Noch spannender sind sie aus Perspektive des Sportlers: Actioncams machen es möglich.
Einst musste man für spektakuläre Sportaufnahmen den teuren Camcorder riskieren. Das hat sich inzwischen geändert. Mittlerweile gibt es die sogenannten Actioncams. Das sind kleine, vergleichbar günstige Kameras, die speziell für wilde Outdoor- und Sporteinsätze entwickelt wurden.
„Sie sind genau richtig für Outdoor-Freaks, Extremsportler und für Filmer, die gern experimentieren“, sagt Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband. „Ganz egal, ob man sie am Helm befestigt oder seitlich am Bein, fangen Actioncams die Geschehnisse mal aus einer ganz anderen, ungewöhnlichen Perspektive ein.“ Wegen der Möglichkeit, rasante Erlebnisse aus neuer Sicht festhalten zu können, sind die kompakten, robusten und teils wetterfesten Actioncams inzwischen weit verbreitet. Und die Zahl der Anbieter wächst weiter, erklärt Clauß.
Damit die Geräte auch bei hoher Geschwindigkeit oder unter anderen extremen Bedingungen eingesetzt werden können, besitzen sie Eigenschaften, die sie von normalen Camcordern unterscheiden. „Actioncams sind klein, leicht, jederzeit einsatzbereit und einfach zu bedienen“, erklärt Joachim Sauer, Chefredakteur von „Videoaktiv.de“. Die Witterung kann ihnen in der Regel nichts anhaben und sie haben eine Weitwinkeloptik ohne Zoom, erklärt der Experte. Abgelegt werden die Aufnahmen auf Speicherkarten. „Einen internen Speicher gibt es in der Regel nicht.“
Vor dem Kauf sollte man sich gut überlegen, in welcher Situation und bei welcher Sportart die Actioncam zum Einsatz kommen soll - und dann erst die Kamera mit geeigneter Befestigung anschaffen. „Meist gibt es jedes Modell in verschiedenen Sets“, sagt Joachim Sauer, „für Mountainbiker beispielsweise mit Lenkerhalterung oder für Surfer mit einer Klebebefestigung.“
Wichtig ist auch das Videoformat, in dem aufgenommen wird. „Die Kamera sollte möglichst Full-HD mit 50 Vollbildern pro Sekunde aufzeichnen“, sagt Sauer. „Die Billiggeräte nehmen häufig nur mit 30 Vollbildern auf.“ Auch bei der Akkulaufzeit gibt es große Unterschiede. „Die liegt meist zwischen 60 und 120 Minuten“, weiß der Experte.
Verbraucher können zudem aus immer mehr Zubehör wählen, beobachtet Constanze Clauß. „Es gibt beispielsweise Unterwassergehäuse, unterschiedliche Stative oder aufsteckbare LCD-Displays.“ Denn ein Display fehlt den Actioncams ab Werk meist. „Das würde das Gerät schwerer und größer machen“, erklärt Clauß. Und hat man die Kamera etwa am Helm befestigt, ist ohnehin keine Bildkontrolle möglich.
Dafür bieten Actioncams oft andere praktische Extras, weiß Videoratgeberautorin Konstanze Werner. „Weil die Kamera beispielsweise an den Helm oder direkt an den Kopf geschnallt und dadurch nur schwer oder gar nicht zu bedienen ist, werden viele Modelle mit Fernbedienung geliefert.“
Von der Bildqualität der handlichen Kameras sollte man indes nicht allzu viel erwarten. „An eine Actioncam sollte man nicht dieselben Ansprüche stellen wie an eine Spiegelreflexkamera oder kompakte Systemkamera“, warnt Clauß. Unter Umständen sei die Bildqualität nicht perfekt oder nicht viel besser als bei einem Handy-Video. „Vorrangig dienen Actioncams aber ohnehin der Dokumentation“, sagt die Expertin. „Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie quasi unverwüstlich sind.“
Und auch vom Aufnahmeton sollten sich filmende Sportler nicht zu viel versprechen. Gerade bei höheren Geschwindigkeiten sei dieser nur mäßig oder wahrscheinlich gar nicht zu gebrauchen, sagt Konstanze Werner. „Das liegt zum Beispiel an zu starken Windgeräuschen“, erklärt die Autorin. „Eine gute Geräuschsammlung im Archiv kann bei der Nachbearbeitung helfen.“ Man könne auch vor oder nach dem Dreh passende Töne einfangen, die man später beim Schnitt verwendet.
Wer zur günstigsten Actioncam greift, verdirbt sich vielleicht den erhofften Spaß. „Es gibt Modelle, die verwendet man kein zweites Mal, sondern legt sie enttäuscht beiseite“, warnt Joachim Sauer. Vor allem die Billiggeräte deutlich unter 200 Euro hätten oft eine schlechte Verarbeitung und eine schlechte Optik. „Für eine brauchbare Kamera muss man in der Regel ab 300 Euro investieren, für die Topmodelle sogar um die 450 Euro - Zubehör noch nicht eingerechnet.“
Doch egal für welche Kamera man sich letztlich entscheidet, gilt es bei Actioncam-Aufnahmen vor allem eines zu beachten. „Es sollten nur Aktivitäten gedreht werden, die man auch gut beherrscht“, rät Konstanze Werner. „Fehlt die Konzentration beim Dreh, wird aus dem gefilmten Stunt mit hohem Neid-Faktor schnell ein Unfall-Video der Polizei.“
Literatur:
Konstanze und Horst Werner: Jeder kann Video!: Filmen für Websites YouTube und Blogs, UVK, 200 S., 17,99 Euro, ISBN-13: 978-3867642712