Holpriger Börsenstart: Facebook zieht ganze Branche runter
New York (dpa) - Facebook hat nach hochgesteckten Erwartungen nur ein holpriges Börsendebüt hingelegt. Offenbar nur dank massiver Stützungskäufe der beteiligten Banken fielen die Aktien des weltgrößten Online-Netzwerks nicht unter den Ausgabekurs von 38 Dollar.
Am Ende eines nervenaufreibenden Handels schloss das Papier am Freitag nur 23 Cent höher - ein dünnes Plus von 0,61 Prozent. Erst sprang der Kurs um mehr als zehn Prozent auf 42 Dollar hoch - doch dann ging es schnell abwärts. Dass ein Kursfeuerwerk wie bei vielen anderen Börsengängen ausblieb, bedeutet letztlich, dass die meisten Investoren nicht viel Raum für Wachstum über die bereits gigantische Bewertung von über 100 Milliarden Dollar hinaus sahen.
Zugleich zeigt es, dass Facebook und seine Alteigentümer ihre Aktien mit 38 Dollar zum höchstmöglichen Preis losstießen, den sie kriegen konnten. „Sie haben die Zitrone ausgepresst bis sie trocken war“, erläuterte Investment-Manager Dan Veru von Palisade Capital Management der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Sie haben nicht genug auf dem Tisch gelassen. Man setzt den Preis etwas tiefer an, damit die Aktien mehr Unterstützung im Markt bekommen.“
Allerdings war die Nachfrage großer Investoren, die Facebook-Aktien unbedingt zum Ausgabepreis haben wollen, in den vergangenen Wochen so stark gewesen, dass der Börsengang immer größer wurde. Der Preis wurde hochgeschraubt und mehr Aktien verkauft, so dass am Ende die Einnahmen von zunächst angepeilten 11,8 Milliarden Dollar auf 16 Milliarden hochsprangen. Im Hintergrund rissen aber die Zweifel nicht ab, ob Facebook die ungewöhnlich hohe Bewertung zum 100-fachen des vergangenen Jahresgewinns jemals rechtfertigen kann.
Der glanzlose Handelsauftakt von Facebook belastete den ganzen Aktienmarkt, besonders riss er aber die Kurse anderer Internetfirmen nach unten. Das berufliche Online-Netzwerk LinkedIn büßte 6 Prozent ein, das Schnäppchenportal Groupon und das Internetradio Pandora verloren jeweils 7 Prozent. Für den Spieleentwickler Zynga - einen engen Facebook-Partner - ging es sogar um 13 Prozent runter. Der Handel mit den Aktien des „Farmville“-Machers musste sogar zweimal gestoppt werden, weil die Verluste so hoch waren.
Selbst der seit acht Jahren börsennotierte Internetriese Google konnte sich dem Negativtrend nicht entziehen und verlor 3 Prozent, beim Branchenurgestein AOL lag das Minus bei 1 Prozent.
Einzig Yahoo legte um 3 Prozent zu. Nach einem Bloomberg-Bericht verhandelt das Unternehmen gerade mit seinem chinesischen Partner Alibaba über den Rückkauf eines Anteilspakets, was mehrere Milliarden in die Kasse spülen würde. Das scheint die Yahoo-Aktie vor dem Schicksal der Rivalen bewahrt zu haben.
Dabei hatte der Tag vielversprechend begonnen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg läutete aus der Firmenzentrale in Kalifornien die Eröffnungsglocke der US-Technologiebörse Nasdaq - angefeuert vom Jubel seiner Mitarbeiter. „Der Börsengang ist ein Meilenstein in unserer Geschichte“, sagte Zuckerberg. „Doch eigentlich geht es um Folgendes: Unsere Mission ist es nicht, ein börsennotiertes Unternehmen zu sein. Unsere Mission ist es, die Welt offener und vernetzter zu machen.“
Kurz darauf musste Zuckerberg mit anschauen, wie Facebook mit Pannen in die Börsenkarriere startete. Der Handel mit den Aktien sollte eigentlich um 11.00 Uhr an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq beginnen (17.00 Uhr MESZ). Doch es dauerte eine halbe Stunde, bis der erste Kurs draußen war - für Börsianer eine Ewigkeit.
Die Nasdaq-Systeme waren mit den Millionen Kauf- und Verkaufsaufträgen überfordert. Börsianer beschwerten sich, dass sie auch nach Stunden immer noch nicht wussten, ob ihre Order nun erfolgreich war oder nicht. Dabei verspricht gerade die rein computergestützt arbeitende Nasdaq superschnelle Abläufe.
Trotz der Irrungen und Wirrungen am ersten Tag dürfen sich Zuckerberg und die anderen Anteilseigner aber nicht beklagen: Der Gesamtwert von Facebook belief sich am Ende des Tages auf annähernd 105 Milliarden Dollar oder umgerechnet 80 Millionen Euro. Das ist mehr als die deutschen Traditionsunternehmen BMW, Deutsche Bank und Adidas zusammen kosten.
Der Börsengang des Sozialen Netzwerks mit inzwischen über 900 Millionen Mitgliedern ist der Höhepunkt einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Zuckerberg hatte Facebook zusammen mit Kommilitonen 2004 als digitales Jahrgangsbuch für Studenten auf die Beine gestellt. Schon im ersten Jahr zog das Netzwerk rund eine Million Nutzer an. Noch in diesem Jahr dürfte die Milliardenmarke geknackt werden.