Zahlende Autos IBM und Visa wollen Bezahlen revolutionieren
München (dpa) - Die US-Konzerne IBM und Visa planen eine Revolution im Bezahlwesen: Künftig soll das Einkaufen und Geldausgeben mit einer Vielzahl vernetzter Geräte und Maschinen möglich sein - ob Auto, Armbanduhr, Kühlschrank oder Turnschuh.
Die zwei Unternehmen machten ihr Vorhaben bei der offiziellen Eröffnung des neuen IBM „Watson“-Forschungszentrums in München publik. Unternehmen, die IBM-Technik zur Vernetzung von Geräten und Computern nutzen, sollen auch die Visa-Bezahltechnologie einbauen können.
Nach Vorstellung der zwei Unternehmen könnte künftig beispielsweise ein Turnschuh mit digitalem Sensor und verschlissener Sohle seinen Besitzer mahnen, sich ein neues Modell zuzulegen. Autos könnten an der Tankstelle auch gleich die Rechnung bezahlen.
Der Hintergrund: IBM konkurriert mit Google, General Electric und anderen Wettbewerbern um die technologische Spitze bei der Vernetzung von Maschinen und Internet. IBM-Vizeforschungschef John Kelly schätzte bei der Konferenz vor etwa 1000 Zuhörern, dass es bis 2020 30 Milliarden vernetzte Geräte und Maschinen auf der Welt geben wird, die Daten senden und empfangen können. Bisher sind es nach übereinstimmenden Schätzungen noch unter zehn Milliarden.
Schlagwort für diese vernetzten Maschinen ist das Internet of Things (IoT, Internet der Dinge). „Der Großteil der Daten wird bisher aber wenig oder gar nicht genutzt“, sagte IBM-Vizeforschungschef Kelly. Im Münchner Watson-Forschungszentrum sollen künftig Daten intelligent ausgewertet und Lösungen für das Internet der Dinge entwickelt werden. IBM konzentriert dort seine bisher international verteilten weltweiten Forschungsaktivitäten im IoT-Bereich. In dem Zentrum sollen im Endausbau 1000 IT-Spezialisten arbeiten. IBM-Kunden wie BMW schicken eigene Ingenieure in gemeinsame Entwicklungsteams.
„Wir sind an einem Wendepunkt angekommen“, sagte Harriet Green, die Chefin des „Watson“-Geschäftsbereichs. Entsprechend der ehrgeizigen Pläne hatte IBM zu der Eröffnungsfeier Manager mehrerer hundert Unternehmen eingeladen, darunter etliche Multis. „Hier sind 22 Unternehmen mit 6,5 Millionen Mitarbeitern und 1,3 Billionen Dollar Umsatz vertreten“, sagte Green.
Eine enge Kooperation mit IBM kündigte am Donnerstag auch Bosch an. Ein häufig genanntes Beispiel für das Internet der Dinge ist die Gebäudetechnik. Über die Verbindung mit dem Internet könne etwa die Fußbodenheizung Zugang zur Wettervorhersage haben und sich bei steigenden Temperaturen automatisch herunterregeln, sagte Rainer Kallenbach, Chef der Bosch Software-Entwicklung. „Die Möglichkeiten sind unendlich.“
Ein weiteres Beispiel liefert die französische Bahn SNCF: Das Staatsunternehmen rüstet Züge und 30 000 Kilometer Gleise mit Sensoren aus, die Daten für die Wartung senden. Das ermöglicht den Ingenieuren in den Reparaturwerkstätten, frühzeitig Probleme zu erkennen und Ersatzteile zu bestellen, noch bevor ein Defekt auftritt. „Die Wartungszyklen sind schneller und kürzer als in der Vergangenheit“, sagte SNCF-Technikchef Raphael Viard bei der Veranstaltung.