Künstler gegen Piraten: Streit um Urheberrecht geht weiter
Berlin (dpa) - Die Fronten im Streit um das Urheberrecht sind verhärtet, beide Seiten bleiben bei ihren Positionen: Jetzt wenden sich 100 Schriftsteller, Musiker und Schauspieler mit einem Aufruf „gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“ - und stoßen im Netz auf Kritik..
Die prominenten Autoren und gingen am Donnerstag mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit, in dem sie eine Stärkung des Urheberrechts fordern. Die 100 Erstunterzeichner wenden sich indirekt gegen Initiativen aus mehreren Parteien, das Urheberrecht an die veränderten Bedingungen im Netz anzupassen. Insbesondere der Aufstieg der Piratenpartei hat das lange Zeit kaum beachtete Thema ins Zentrum öffentlicher Beachtung gerückt.
Die Erklärung bezeichnet das Urheberrecht als „historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit“ und als „materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen“. Sie richtet sich gegen das Argument, dass es einen Interessengegensatz zwischen den eigentlichen Urhebern kreativer Werke und den sogenannten Verwertern gibt, also etwa Verlage, Plattenfirmen und Verwertungsgesellschaften wie die Gema. Einige Netzaktivisten haben erklärt, dass sich die Urheber im Internet direkt an ihr Publikum wenden und an den Verwertern vorbei Geld verdienen könnten.
Zu den Erstunterzeichnern gehören die Schriftsteller Daniel Kehlmann, Charlotte Roche, Julia Franck, Uwe Tellkamp, Martin Walser und Günter Wallraff sowie Künstler wie der Schauspieler Mario Adorf. Auch der Musiker und Schriftsteller Sven Regener unterschrieb - er hatte die Debatte im März mit einer heftigen Polemik in Fahrt gebracht.
Die Erklärung biete kaum Konkretes, kritisierte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz der Nachrichtenagentur dpa. „Wir müssen uns deutlich machen, dass angesichts extremer gesellschaftlicher Umbrüche ein einfaches "Weiter so" faktisch nicht möglich ist.“ Nötig seien „neue, intelligente und adäquate Lösungen für das Urheberrecht“. Stattdessen würden mit solchen Initiativen die bestehenden Gräben nur vertieft.
Der Urheberrechtsexperte bei den Berliner Piraten, Christopher Lauer, erklärte zu der neuen Künstler-Initiative auf Twitter: „Egal wie viel Unverständnis man für die Aktion in der Zeit hat: Wir müssen das ernst nehmen. Es bedarf einer Handreichung.“ Jan Engelmann vom Wikimedia-Verein schrieb ebenfalls auf Twitter: „Verwerter denken Urheberrecht als Verbotsrecht, wir suchen Anreize für kreatives Schaffen, rege Nutzung und Beteiligung.“
Frank Rieger vom Chaos Computer Club (CCC) twitterte: „Liebe Urheber, ist Euch schonmal aufgefallen, daß das Apple/Amazon/Google-Oligopol primär das Versagen eurer geliebten Verwerter ist?“ Im Blog „netzpolitik.org“ schrieb Leonhard Dobusch, der Aufruf in der „Zeit“ versuche, „eine Einheitsfront zwischen Urhebern und Verwertern zu suggerieren“, beweise aber nur, „dass ebendiese Front am Bröckeln ist“.
Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ein Positionspapier, in dem verlangt wird, auch in der digitalen Welt an dem System von Urheber- und Verwertungsrechten festzuhalten. „Kaum ein Nutzer kann sich heute noch darüber beschweren, dass ihm Bücher, Musik oder Filme nicht in digitaler Form einfach und bezahlbar angeboten würden“, erklärte die Organisation, die im Interesse von Autoren, Journalisten und Verlagen Verwertungsrechte wahrnimmt.